Starke Stimme der Ukraine
Serhij Zhadan erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In Deutschland wird der ukrainische Autor schon lange gewürdigt.
Eine „unglaubliche Nähe zu den Menschen“ und „große Authentizität“ bescheinigt Martin Schult, Referent für den Friedenspreis beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels, dem ukrainischen Autor Serhij Zhadan. Dieser verkörpere diese Eigenschaften in einer Extremsituation: Inmitten des Kriegs in seinem Heimatland organisiert und leistet Zhadan Hilfe, liefert durch Spenden finanzierte Kleidung, Geschenke, Munition oder sorgt mit seiner Ska-Band für Ablenkung. In der Begründung der Jury des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, einer der renommiertesten Auszeichnungen Deutschlands, heißt es: „Wir ehren den ukrainischen Schriftsteller und Musiker für sein herausragendes künstlerisches Werk sowie für seine humanitäre Haltung, mit der er sich den Menschen im Krieg zuwendet und ihnen unter Einsatz seines Lebens hilft.“
Frühe Vorahnung des Krieges
Es ist nicht die erste Auszeichnung, die der Germanist Zhadan aus Deutschland erhält. 2006 wurde er mit dem „Hubert Burda Preis für junge osteuropäische Lyrik“ ausgezeichnet; 2010 war er ausgewählter Gast des Berliner Künstlerprogramms des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). 2014 erhielten Zhadan und seine Übersetzer aus dem Ukrainischen, Juri Durkot und Sabine Stöhr, den „Brücke Berlin“-Preis für den Roman „Die Erfindung des Jazz im Donbass“. Wenige Monate zuvor, Anfang März 2014, war der Autor in seiner Heimatstadt Charkiw krankenhausreif geschlagen worden. Zusammen mit anderen „Euromaidan“-Aktivisten hatte Zhadan ein Regierungsgebäude der Stadt besetzt, dann wurden sie von prorussischen Demonstranten attackiert. Eine Vorahnung der 2014 beginnenden russischen Angriffe auf die Ukraine findet sich schon in Zhadans 2013 fertiggestelltem Roman „Mesopotamien“, in dem er das gespaltene Charkiw thematisiert.
Nun ist Serhij Zhadan mitten im Krieg und „verteidigt mit Worten das Überleben“, wie es Katharina Raabe, seine langjährige Lektorin im deutschen Suhrkamp Verlag, formuliert. Er streitet für die Ukraine und kritisiert aus seiner Sicht falsche Zurückhaltung in Deutschland. So antwortete er Anfang Juli auf den in der Wochenzeitung „Die Zeit“ veröffentlichten Offenen Brief „Waffenstillstand jetzt!“ – einer auch in Deutschland heftig kritisierten Gruppe Intellektueller – mit deutlichen Worten: „Wir können unseren Widerstand nicht aufgeben, weil wir sonst vernichtet werden. Wir müssen vom Westen Waffen fordern, weil wir sonst vernichtet werden. Wir müssen die Welt zum Kampf gegen das Putin-Regime aufrufen, weil wir sonst vernichtet werden.“