Stimme der Pressefreiheit
Die deutsch-türkische Medienplattform #Özgürüz möchte die unabhängige Berichterstattung in der Türkei fördern. Can Dündar leitet das Projekt aus Deutschland.
Ende Juli verabschiedete das türkische Parlament ein Gesetz zum Töten von herrenlosen Hunden, Protest dagegen gibt es nicht nur von Tierschützern. „Jeder darf nunmehr streuende Hunde töten“: analysiert #Özgürüz das Gesetz auf dem Social-Media-Kanal X.
Kampf für die Pressefreiheit
„Özgürüz“ ist türkisch und bedeutet übersetzt „Wir sind frei“. Ein programmatischer Name, den der türkische Journalist Can Dündar für die Medienplattform gewählt hat, die er nach nur vier Monaten im deutschen Exil gründete. In der Türkei arbeitete Dündar als Chefredakteur der türkischen Wochenzeitung Cumhuriyet. 2015 veröffentlichte er einen Bericht über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an syrische Dschihadisten. Wegen des Verdachts der Spionage und der Mitgliedschaft in einer Terroristischen Vereinigung landete Dündar nach der Veröffentlichung zunächst in Untersuchungshaft. 2016 konnte er nach Deutschland flüchten. 2020 verurteilte ihn ein türkisches Gericht in Abwesenheit zu mehr als 27 Jahren Haft.
Heute leitet Dündar das zehnköpfige Team von #Özgürüz. Neben Nachrichten und Hintergrundberichten erhalten Follower der Plattform auch Kommentaren und Analysen über Ereignisse aus Politik und Gesellschaft in der Türkei. Für die Verbreitung nutzt #Özgürüz die sozialen Medien. Online ging das Projekt am 24. Januar 2017. Das ist kein zufällig gewähltes Datum, erklärt Dündar. An diesem Tag wurde 1993 in Ankara der Journalist Uğur Mumcu ermordet. „Wir möchten zeigen, dass der Kampf für die Pressefreiheit überall und auch unter widrigen Umständen geführt wird“, sagt der Chefredakteur von #Özgürüz. „Geburtshilfe“ bekam sein Projekt von dem deutschen spendenfinanzierten Medienunternehmen Correctiv.
Derzeit erreicht #Özgürüz auf unterschiedlichen Social-Media-Kanälen weit über 10 Millionen Menschen im Monat. Im März 2019 ging #Özgürüz-Radio mit 24-Stunden-Programm auf Sendung. Zu hören ist es über die Website und den Youtube-Kanal, der mehr als 250.000 Abonnenten hat.
Unabhängige Berichterstattung fördern
„Wir versuchen auf unterschiedlichen Wegen unsere Rezipienten zu erreichen“, so der 63-jährige Journalist Dündar. Das unabhängige Medienportal wird durch Spenden, Sponsoren und über die Einnahmen des Youtube-Kanals finanziert. Die Berichterstattung aus einem anderen Land bringt auch Probleme mit sich. Für solide Analysen bedürfe es verlässlicher Journalisten vor Ort, was nicht immer einfach sei, so Dündar. Schwierig sei auch der der sogenannte Double-Check von Nachrichten durch zuständige Behörden. Deshalb leitet Zubeyde Sarı in Istanbul die Plattform gemeinsam mit Dündar als Chefredakteurin.
Das ursprünglich türkischsprachige Projekt soll um eine wöchentliche deutschsprachige Sendung erweitert werden. „Wir möchten deutschen Mediennutzern die Möglichkeit geben, die Türkei durch unsere Augen zu sehen. Unser langfristiges Ziel ist es, hier die Samen der unabhängigen Medien in der Türkei zu säen.“