„Democracy Will Win“
Welche Verantwortung haben Künstler und Intellektuelle? Was können Einzelne bewirken? Neue Blicke auf Thomas Mann in New York.
„Democracy Will Win – Die Demokratie wird siegen“: Das Zitat Thomas Manns stammt aus seiner Zeit im Exil, in das der deutsche Literaturnobelpreisträger von den Nationalsozialisten vertrieben wurde. Von 1938 bis 1952 lebte Mann in den USA und stritt wortmächtig gegen die Nazi-Diktatur in Deutschland bis Kriegsende 1945 und grundsätzlich für demokratische Werte. „Not ‚America First‘ but ‚Democracy First‘ and ‚Human Dignity First‘ is the slogan which will really lead America to first place in the world“, zitierte etwa 1941 eine US-Zeitung den Schriftsteller. Die Ausstellung „Thomas Mann: Democracy Will Win!“ feierte 2020 im Literaturhaus München Premiere. Das Goethe-Institut New York zeigt im Herbst 2021 eine Adaption für das amerikanische Publikum. Institutsleiter Jörg Schumacher spricht im Interview über die Ausstellung, ihr Rahmenprogramm und die Kooperation mit dem Thomas Mann House und der Villa Aurora in Kalifornien.
Herr Dr. Schumacher, was kann uns Thomas Mann heute noch sagen?
Die Frage ist zentral für die Ausstellung „Democracy Will Win“. Sie veranschaulicht die politische und künstlerische Biografie Thomas Manns, der erst im Lauf seines Lebens zu einem Verfechter der Demokratie wurde. Die Ausstellung fragt aber auch: Was macht einen politischen Menschen heute aus? Was bedeutet Thomas Manns Weg für uns in der Gegenwart? Ich habe den Eindruck, dass sein Ausspruch „Democracy Will Win“ nicht zuletzt bei einem jüngeren Publikum in den USA besonderes Interesse weckt.
Was erwartet uns in der Ausstellung?
Zum einen bringen Fotos und Dokumente das Leben und Wirken Thomas Manns näher; ein Stück weit wird sogar sein Haus in Pacific Palisades nachgebildet. Das spiegelt die Ausstellung zugleich mit Zitaten und Videos von politischen Persönlichkeiten der jüngeren Vergangenheit und der Gegenwart. Die Kontextualisierungen reichen bis ins Jahr 2021. Greta Thunberg und die „Fridays for Future“-Bewegung werden ebenso zitiert wie zum Beispiel der Pianist Igor Levit, der sich unter anderem gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus einsetzt. Auch so unterschiedliche US-Präsidenten wie John F. Kennedy, Barack Obama oder Donald Trump werden in der Ausstellung thematisiert.
Zum Rahmenprogramm der Ausstellung zählt auch die Diskussion und Vorstellung des Buches „Die Stadt nach Corona“ der deutschen Architekturkritikerinnen Doris Kleilein und Friederike Meyer. Warum ist Ihnen dieses Thema wichtig?
Uns geht es auch um die Frage, welche Orte eine Demokratie braucht. Erst Mitte Oktober haben wir Architektur-Professor Jesse LeCavalier von der Cornell University und den deutschen Autor Niklas Maak zur Podiumsdiskussion „Where’s My Data?“ zusammengebracht. Dabei stand unter anderem Maaks neues Buch „Servermanifest“ im Mittelpunkt, das zeigt, wie wenig wir über Serverfarmen wissen, obwohl sie so zentral für das Internet und den Austausch der Menschen sind. Doris Kleilein und Friederike Meyer fragen nach der Bedeutung und den Zukunftsperspektiven des öffentlichen Raums unter dem Eindruck einer Pandemie. Sie diskutieren bei unserer Veranstaltung zusammen mit Mariana Mogilevich, Chefredakteurin von Urban Omnibus, der Online-Publikation der Architectural League of New York. Auch für die Architectural League hat der politische Wert öffentlicher Räume besondere Bedeutung.
Das Thomas Mann House und die Villa Aurora sind Partner der Ausstellung „Democracy Will Win“. Was bedeutet das?
Wir ergänzen uns wunderbar. Alleine hätte keiner von uns Ausstellung und Rahmenprogramm so umfassend gestalten können. Einige der Expertinnen und Experten des Rahmenprogramms von „Democracy Will Win“ waren zum Beispiel Gäste des Residenzprogramms des Thomas Mann House in Pacific Palisades. Das Goethe-Institut bietet nun wiederum eine Bühne in Manhattan. Das ist eine sehr gute Kombination.