Authentisch chinesisch einkaufen in Deutschland
Asia-Märkte und Bestell-Apps mit original-chinesischen Produkten werden in Deutschland immer populärer. Hier erfährst du mehr über den Trend.
Bei Xiang Li stehen gleich zwei Feste an: zuerst die Feier des chinesischen Neujahrs, dann als Trauzeuge die Hochzeit eines Freundes. Auf der Suche nach einem passenden „Hong Bao“ für das Brautpaar – dem roten Umschlag, in dem in China typischerweise Geschenke überreicht werden – durchstreift er verschiedene asiatische Supermärkte in Frankfurt am Main. Xiang, Anfang 30 Jahre alt, kommt aus Wuhan und lebt seit mehr als zehn Jahren in Deutschland. Von etlichen Glasnudel- und Tofu-Sorten über Lotuswurzeln bis hin zu chinesischen Alltagswaren findet sich in den Asia-Shops all das, was Xiang Li in deutschen Geschäften meist vergeblich sucht.
Asia-Märkte in Deutschland
Auf Asien spezialisierte Supermärkte gibt es inzwischen in nahezu jeder größeren deutschen Stadt. Allein die „go asia“-Kette hat deutschlandweit fast 50 Filialen und beschäftigt mehr als 800 Mitarbeitende. Auch Märkte wie „YuanFa“ oder „y-mart“ warten mit mehreren Shops auf und expandieren. Die Lebensmittel im Sortiment stammen aus China, Indonesien, Japan, Südkorea, Thailand oder Vietnam. Wengui Ye, chinesischstämmiger Investor und Geschäftsführer der „go asia Immobilien GmbH“ in Berlin, weiß, welche Produkte sich gut verkaufen: „Go asia“ bietet mehr als 7.000 Artikel an, darunter allein 90 verschiedene Sojasaucen und 140 Nudelsorten. „Wir sind sehr gut sortiert“, sagte Ye. „Das macht den Kunden Freude.“
Doch wer sind die Kundinnen und Kunden? Lange Zeit hatten nach Angaben Yes mehr als die Hälfte der „go asia“-Kunden asiatische Wurzeln. Diese Zielgruppe ist groß, allein mehr als 210.000 Menschen mit chinesischen Wurzeln leben in Deutschland. Darüber hinaus nehme ein zunehmend nicht-asiatisches Einkaufspublikum das Angebot an. In einigen Filialen kaufen heute schon mehrheitlich deutsche Kundinnen und Kunden ein. Das authentische Sortiment beschränkt sich dabei nicht auf Lebensmittel. Auch Elektro- und Haushaltsartikel asiatischer Marken sind dabei. Außerdem: Dekoration und kleine Alltagsdinge, die es sonst nur in China oder anderen asiatischen Ländern zu kaufen gibt und von denen viele Menschen in Deutschland gar nicht wüssten, wozu sie nützlich sind. Xiang Li zeigt auf „Duilian“: mit Schriftzeichen versehene Streifen aus feinem Papier, die zu festlichen Anlässen an den Hauseingang gehängt werden.
Chinesische Bestell-Apps in Deutschland
Neben dem stationären Handel mit asiatischen Artikeln haben sich seit Kurzem auch Online-Einkaufslieferdienste etabliert. Der chinesische JD.com-Konzern betreibt mit „Ochama“ einen Europa-basierten Lieferdienst für asiatische Produkte. Gegründet in den Niederlanden, liefert der Dienst heute in 24 europäischen Ländern, darunter seit Ende 2022 auch Deutschland. Der ehemalige Ochama-Manager Mark den Butter verriet einmal die Erfolgsformel: „Sobald eine Bestellung eingeht, machen sich unsere Roboter sofort an die Arbeit. Unsere Verteilzentren sind fast vollständig automatisiert. So können wir fast 15.000 Pakete pro Tag bearbeiten.“
Ochama ist die größte, aber nicht die einzige Bestell-App Europas, die sich auf asiatische Produkte spezialisiert hat. Die App „waysia“ wartet mit einem Sortiment von über 2.000 Artikeln auf: Von grünem Tee und chinesischen Softdrinks über Chips mit Avocadogeschmack und Mochi-Eis bis hin zu gesalzenen Hühnerfüßen und Lammspießen findet sich hier alles, was der sinophile Gaumen begehrt. Besonders beliebt: chinesischer Milchtee. Eine Extrakategorie listet Sonderangebote auf: zwei Ramen-Cups zum Preis von einer oder eine Tüte Weißdorn, eine in Deutschland eher selten angebotene rote Beere, zum Sonderpreis.
Außerdem ermöglicht es die App den Nutzern, bei chinesischen Restaurants in der Umgebung Essen zu bestellen. Viele stationäre Geschäfte sowie Restaurants betreiben darüber hinaus einen eigenen Bestellservice über die App WeChat. Xiang Li bestellt mehrmals im Monat mittels der drei Apps und schätzt die Verfügbarkeit der Produkte in Deutschland: „Ich bin weltoffen und international aufgewachsen, deshalb finde ich solche Angebote gut. Alle können davon profitieren.“
Chinesische Küche in Deutschland
Doch gerne geht Xiang auch in chinesische Restaurants, beispielsweise ins „Ming Garden“ im Herzen Frankfurts mit Blick auf die geschichtsträchtige Paulskirche. „Hier gibt es vor allem Essen aus den Provinzen Zhejiang und Shaanxi“, erklärt Xiang und bestellt Dongporou (Schweinebauch), Jiaozi (Teigtaschen), eine sauer-scharfe Fischsuppe (Suan Tang Yu) und eingelegtes Rindfleisch. Dazu gibt es Jasmintee und Reis. „Falls wir danach noch Hunger haben sollten, können wir nachbestellen.“
1923 eröffnete das erste chinesische Restaurant Deutschlands. Hundert Jahre später haben sich hier tausende chinesische Restaurants etabliert. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ist die chinesische Küche nach der italienischen und griechischen die beliebteste ausländische Küche in Deutschland. Gerade bei Lieferdiensten wird Chinesisch besonders gern bestellt. Dass durch Supermärkte, Bestell-Apps und Restaurants ein authentisches chinesisches Leben auch in Deutschland möglich ist, freut Xiang Li. Da ist sogar ein traditionell chinesisches Hochzeitsessen machbar.