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Reisebegleiter zum Glück

Biyon Kattilathu will Menschen den Weg zum Glück zeigen. Wie seine Herkunft das Multitalent geprägt hat und was ihn selbst antreibt, erzählt er hier. 

AutorinInterview: Miriam Hoffmeyer, 05.09.2025
Biyon Kattilathu beschäftigt sich mit dem Glücklichsein.
Biyon Kattilathu beschäftigt sich mit dem Glücklichsein. © pa/dpa

Der deutsch-indische Motivationstrainer, Bestsellerautor und Podcaster Dr. Biyon Kattilathu erreicht über Social Media rund eine Million Follower. Im September startet die dritte Deutschland-Tour des 41-Jährigen unter dem Titel „Die Reise zum Glück“.

Ihre Eltern sind Anfang der 1980er-Jahre aus Indien ins Ruhrgebiet eingewandert. Wie war es für Sie, zwischen zwei Kulturen aufzuwachsen?

Vor allem am Anfang nicht einfach. Im Kindergarten und in der Grundschule war ich das einzige Kind mit dunkler Haut. Ich wurde von den anderen Jungen ausgegrenzt und habe auch rassistische Schimpfworte zu hören bekommen. Und wenn wir in den Sommerferien nach Indien flogen, war ich da das Kind aus Deutschland. Ich habe mir damals viele Fragen gestellt: Warum bin ich anders, wo gehöre ich hin? Das Nachdenken hat aber auch zu meiner Entwicklung beigetragen, mich empathischer gemacht. Vielleicht vereine ich Eigenschaften aus beiden Kulturen in mir: Pünktlichkeit und Disziplin einerseits, eine Affinität zu Musik und Tanz andererseits? Ich fühle mich jedenfalls nicht als Deutscher oder als Inder, sondern einfach als Mensch.

Ich denke, dass viele Menschen, die aus dem Ausland nach Deutschland gekommen sind, sich in mir wiedererkennen.
Biyon Kattilathu

Sie sprechen und schreiben seit mehr als zehn Jahren über Ihre „Herzensthemen“ Glück, Selbstliebe und Achtsamkeit. Kritiker werfen Ihnen vor, Kalenderweisheiten zu verbreiten. Auch viele Ihrer praktischen Tipps seien nicht neu, etwa, dass man sich jeden Tag die Dinge bewusst machen soll, für die man dankbar ist. Wie erklären Sie sich Ihren Erfolg?

Diese Themen sind für alle Menschen auf der Welt wichtig, unabhängig von ihrer Religion, Sprache und Kultur. Schließlich streben wir alle nach Glück. Viele Gedanken und Lifehacks, die Menschen dabei helfen, glücklicher zu werden, ähneln einander, denn sie haben sich ja auch schon bewährt. Aber verschiedene Personen können mit der gleichen Botschaft andere Menschen erreichen. Das ist wie in der Musik: Jeden Akkord gab es schon mal, aber jede Sängerin, jeder Sänger erreicht ein anderes Publikum. Ich denke, dass zum Beispiel viele Menschen, die aus dem Ausland nach Deutschland gekommen sind, sich in mir wiedererkennen. 

Comedy kann ein Ventil sein, mit Sorgen umzugehen
Biyon Kattilathu

Ihre Bücher und andere Produkte vertreiben Sie über die Firma „Inderleicht“ – ein Wortspiel mit „kinderleicht“. Ist das schon „Ethno-Comedy“? Programme, in denen Comedians mit Migrationshintergrund ihre Herkunft zum Thema machen, sind in den letzten Jahren zum Trend geworden…

Ich habe in dieser Szene gute Freunde. Comedy kann ein Ventil sein, mit Sorgen umzugehen, und ist gleichzeitig ein schönes Tool, um kulturelle Unterschiede zu vermitteln und mit Humor gegen Vorurteile anzugehen. Die Deutschen lachen darüber, gleichzeitig öffnen sie sich und lernen viel. 

Kattilathu  als Teilnehmer der Tanzshow „Let's Dance“ mit Marta Arndt
Kattilathu als Teilnehmer der Tanzshow „Let's Dance“ mit Marta Arndt © pa/dpa

Was haben Sie in Ihrer Kindheit und Jugend getan, um Ihren Platz in der deutschen Gesellschaft zu finden?

Um mir Respekt zu erwerben, habe ich mich in der Grundschule sehr angestrengt – und auch beim Taekwondo. Da konnte ich meine Energie rauslassen und habe gelernt, mich auf meine Stärken zu fokussieren. Mit elf Jahren war ich der jüngste Schwarzgurt-Träger in Deutschland. Ich war später auch Klassensprecher und Kapitän meiner Fußballmannschaft. Damals habe ich gemerkt, dass ich andere motivieren kann. In der Pubertät hatte ich aber auch eine Phase, in der ich viel Mist gebaut habe. Ich habe mit anderen auf der Straße rumgehangen, war in viele Konflikte verwickelt, musste Sozialstunden ableisten. 

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Nach dem Abitur haben Sie Wirtschaftsingenieurwesen studiert. Warum gerade dieses Fach?

Für meine Eltern war klar, dass ich entweder Arzt oder Ingenieur werde. Und als Migrantenkind hat man ja oft so ein Schuldgefühl: Meine Eltern haben alles zurückgelassen, damit ich ein besseres Leben habe. Das Studium gefiel mir nicht besonders, aber ich habe es durchgezogen und nebenher viel gejobbt, als Tellerwäscher, Kellner und Schuhverkäufer. Nach dem Abschluss hat mir mein Lieblingsprofessor angeboten, über Motivationspsychologie zu promovieren. Das war für mich die Rettung. Denn bei einem Praktikum in einem Weltkonzern war mir schon klar geworden, dass ich so ein Arbeitsleben nicht wollte.

Und nach der Promotion?

Haben meine Familie und meine Freunde Druck gemacht, dass ich mir was Vernünftiges suche. Aber ich hatte den Traum, selbstständig zu arbeiten und mein Wissen zu teilen. Dank Social Media konnte ich ohne Kontakte und viel Geld einfach anfangen. Erst war es zermürbend, ich bekam kaum Reaktionen. Aber ich war sicher: Wenn ich Spaß daran habe und genug Kreativität und Arbeit hineinstecke, klappt es irgendwann. Ich habe meine Videos immer weiter optimiert und nach zwei Jahren gingen die ersten viral, die Leute fingen an, mich auf der Straße anzusprechen. Auch meine eigene Geschichte steht also hinter meiner Botschaft: Werde dir bewusst, was deine Stärken sind, was dich motiviert. Und dann leg dein Herz hinein.

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Im Internet gibt es auch viele Anfeindungen gegen Sie. Wie gehen Sie damit um? 

Hasskommentare tangieren mich nicht so. Was jemand schreibt, zeigt ja nur, wie es in ihm selbst aussieht. Bei einem Waldspaziergang begegnet man vielleicht auch Leuten, die einen nicht angucken oder die Nase rümpfen. Wichtig ist, sich auf die zu fokussieren, die lächeln. Dass ich heute nicht mehr unerkannt in der Stadt einen Kaffee trinken kann, ist ein Grund, warum ich mit meiner Familie aufs Land gezogen bin, wo wir mit unseren Katzen, Hühnern und drei Hunden leben. Ich brauche diese Ruhe auch, weil ich noch vor meiner Tour mein neues Buch fertigschreiben will.

Was soll das Publikum von Ihren Auftritten mitnehmen?

Ich glaube, jeder nimmt etwas anderes mit, was ihm oder ihr guttut. Mir ist wichtig, dass die Menschen beim Hinausgehen ein bisschen glücklicher sind als vorher.