Eine ganz besondere Freundschaft
Seit 40 Jahren sind Duisburg und Wuhan eng verbunden. In Pandemiezeiten mussten sie neue Wege des Austauschs finden.
Dr. Theo Messing ist 98 Jahre alt – und wenn er nach dem Beginn der Städtefreundschaft zwischen Duisburg im Ruhrgebiet und der chinesischen Stadt Wuhan vor 40 Jahren gefragt wird, hört man seiner Stimme einen gewissen Stolz an. „Am 4. Oktober 1982 flog eine Duisburger Delegation unter Führung des damaligen Oberbürgermeister Josef Krings nach China“, erzählt Messing, der mit der von ihm gegründeten Anlagenbaufirma Standard Messo Duisburg beim Bau des Stahlwerkes in Wuhan mitgewirkt hat, und mit an Bord war.
„Dort kam am späten Abend bei einem Tsingtau-Bier die Rede auf das mögliche Angebot einer Städtepartnerschaft, und weil ich ein aktiver Typ war und bin, habe ich vorgeschlagen: Wenn die Stadt Wuhan uns morgen eine Urkunde der Partnerschaft zur Unterschrift anbietet, dann machen wir das gleich und erklären es dann dem Rat der Stadt im Nachhinein.“ Die mitgereisten Abgeordneten der Stadt hätten für diese Entscheidung die mehrheitliche Zustimmung des Rates der Stadt gebraucht, die Wirtschaftsvertreter konnten sich sofort vor Ort in Wuhan entscheiden.
Am nächsten Tag wurde die Freundschaft zwischen Duisburg und Wuhan beschlossen. Sie hält bis heute, beispielsweise in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, bei Schulkooperationen, zivilgesellschaftlicher Zusammenarbeit und dem Austausch in Forschung und Wissenschaft. Mehr als 2.000 chinesische Studierende sind beispielsweise an der Universität-Duisburg-Essen eingeschrieben, einige Duisburger Schulen bieten Chinesischunterricht für ihre Schüler an.
Vor Beginn der Coronapandemie kannten nur wenige Europäer die zentralchinesische Stadt Wuhan, Hauptstadt der Provinz Hubei, 1100 km südlich von Peking. Dabei ist sie inmitten von Seen- und Bergen das Zentrum der Industrie Mittelchinas und mit 12 Millionen Einwohnern die fünftgrößte Metropole der Volksrepublik. Im November des Jubiläumsjahrs 2022, dem Jahr des 50.-jährigen Bestehens der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und China, besuchte erstmals seit Beginn der Pandemie eine Delegation aus Wuhan wieder die Stadt am Rhein.
Die Freundschaft geht auf langjährige wirtschaftliche Verbindungen zurück. In den Jahren 1970 bis 1980 boomte die chinesische Stahlproduktion. Als ein Zusammenschluss mehrerer Duisburger Firmen 1978 beauftragt wurde, gemeinsam ein Kaltwalzwerk in Wuhan zu errichten, zogen mehr als 300 Duisburger Ingenieure mit ihren Familien für vier Jahre nach Wuhan. Aus diesen ursprünglich wirtschaftlichen Kontakten entstanden persönliche Freundschaften und schließlich die Idee einer Städtepartnerschaft. Gerade die Ähnlichkeiten der beiden Städte im Hinblick auf die geografische Lage oder die wirtschaftliche Struktur als Zentren der Eisen- und Stahlindustrie verstärkten den Wunsch nach Austausch und Kooperation. „Wuhan und Duisburg haben Ergebnisse erzielt, die den Menschen beider Städte zugutekommen und ein Vorbild für die kommunale Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland sind“, sagt Wuhans Oberbürgermeister Cheng Yongwen. „In den vergangenen 40 Jahren haben die beiden Städte ihre Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Wissenschaft und Bildung, Kultur und Verkehr kontinuierlich vertieft.“
Geprägt von Veränderungen und Umbrüchen
„Die Stadt Duisburg kann auf 40 Jahre gelebte Partnerschaft zurückblicken“, sagt Maximilian Böttner, Sprecher der Stadt Duisburg, auch wenn „die vergangenen vierzig Jahre von weltpolitischen und wirtschaftlichen Veränderungen und Umbrüchen geprägt“ gewesen seien. Selbst während der Pandemie habe ein Austausch in unterschiedlichen Onlineformaten stattgefunden, dabei ging es unter anderem auch um die Pandemiebekämpfung.
Anlässlich des Jubiläumsjahrs sanierten der Zoo Duisburg, die Stadt Duisburg und die Partnerstadt Wuhan gemeinsam den Chinesischen Garten im Duisburger Zoo, der 1988 als Geschenk der Stadt Wuhan errichtet wurde. Während mehrerer Videokonferenzen im Garten konnten sich die deutschen und chinesischen Handwerkerinnen und Handwerker sowie Gartenbaumeisterinnen und -meister digital austauschen und den Yingqu Garten quasi hybrid sanieren. Die traditionellen Baumaterialien kamen auch dieses Mal wieder aus Wuhan. „Das ist ein gutes Beispiel für gelebte Städtepartnerschaft in Pandemiezeiten“, sagt Böttner.
Nicht immer ist Partnerschaft ganz einfach. Mit dem Ziel, den Dialog und die Kooperationen zwischen Zivilgesellschaften zu fördern, wurden Städtepartnerschaften zwischen deutschen und ausländischen Kommunen besonders nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gefördert. „Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, die zum Teil über viele Jahre hindurch gewachsenen Beziehungen beizubehalten, den Kontakt und vor allem den Dialog zwischen den Menschen und den Stadtgesellschaften zu intensivieren“, sagt Böttner mit Blick auf die bilaterale Partnerschaft. Das unterstreicht auch Wuhans Oberbürgermeister Cheng Yongwen: „Gleich ob in der Vergangenheit, in der Gegenwart oder in der Zukunft, die Bereitschaft von Wuhan und Duisburg, gemeinsam voranzukommen, sowie ihre Entschlossenheit, eine Win-Win-Kooperation zu fördern, und ihre Mission, der deutsch-chinesischen Freundschaft zu dienen, bleiben immer unverändert.“
Der Austausch von Wirtschaftsgütern zwischen Duisburg und Wuhan über die Neue Seidenstraße hat bereits wieder Vor-Corona-Niveau erreicht, wie Andreas Bartel, Sprecher der Duisburger Hafen AG, erklärt. „Aktuell fahren etwa 30 Güterzüge in der Woche von Duisburg an verschiedenen Destinationen in China. Sie brauchen im Durchschnitt etwa 14 Tage und transportieren nahezu alle Güter, die in einen Container passen – Produkte aus dem Bereich Computer und Elektronik, medizinische Produkte, Kleidung, Haushaltsartikel, aber auch Autos oder Wein.“