Mit Friedensdemos Zeichen setzen
Die Initiative „Palestinians and Jews for Peace“ organisiert seit Oktober 2023 Friedensdemonstrationen und setzt sich für Dialog im Nahostkonflikt ein.
Alles fing mit einer Nachricht auf Instagram an. Nach dem Terrorangriff der radikalislamistischen Hamas am 7. Oktober und der Gegenoffensive Israels im Gazastreifen schrieben Zeynep Karaosman und Kristina Bublevskaya ein langes Statement. Die beiden jungen Frau aus Köln – eine mit palästinensischen, die andere mit jüdischen Wurzeln – wollten mit ihrer Initiative „Palestinians and Jews for Peace“ ein Zeichen für Frieden und Dialog setzen. „Wir sind hier, um zu zeigen, dass es anders geht und dass Gewalt und Repressionen keine Alternativen zum Dialog sind. Nicht hier und nicht in Israel und Palästina“, lautet das Motto ihrer Gruppe. Ihr erster Demonstrationsaufruf ging am 15. Oktober online: „Wir stehen zu den Menschen, nicht zu den Flaggen, nicht zu den Nationen und nicht zum Krieg. Wir glauben an die Macht des Dialogs und nicht an die der Gewalt.“
Der Instagram-Aufruf traf bei vielen einen Nerv. „Ich habe die Nachricht gesehen und sofort geantwortet“, erinnert sich Nadine Migesel. Die 28-Jährige schrieb zurück: „Hi, ich bin deutsch-palästinensisch und würde gerne dabei sein.“ Israel ist die Heimat des palästinensischen Vaters der selbstständigen Tätowiererin. Sie selbst hat zeitweise in Haifa und Tel Aviv gelebt, viele Familienmitglieder und jüdische und palästinensische Freunde leben dort. Migesel gehört neben Karaosman und Bublevskaya zu den Gründerinnen der Gruppe „Palestinians and Jews for Peace“.
Zwei Demonstrationen organisierte die Initiative schon 2023 in Köln. Zur ersten Kundgebung Ende Oktober kamen rund 500 Menschen, bei der zweiten Mitte November waren es bereits 3.000. Die Organisatorinnen hatten dabei im Vorfeld sehr deutlich gemacht, was unerwünscht ist: „Bitte lasst eure Fahnen zuhause und bringt stattdessen, aus Respekt für die Menschen, die ermordet worden sind und immer noch ermordet werden, Kerzen und Blumen mit.“ Dass es, vor allem im Netz, Anfeindungen aus unterschiedlichsten Richtungen gibt, hält die Frauen nicht davon ab, für ihre versöhnende Botschaft einzustehen. Sie wollen Gesicht zeigen.
Auch Swetlana Nowoshenowa ergriff bei der Demonstration im November das Mikrofon und erzählte ihre Geschichte: Die 32-Jährige kam mit ihrer Familie als jüdische Geflüchtete schon vor mehreren Jahren aus der Ukraine nach Deutschland. Heute klärt die Soziologin über politische und religiöse Radikalisierung auf und arbeitet nebenberuflich als Inklusionshelferin an einer Schule. Sie stellte nach dem Terrorangriff im Oktober privat und beruflich vieles zurück, um sich bei „Palestinians and Jews for Peace“ zu engagieren. Kraft gibt ihr, wie eng die Organisatorinnen zusammenstehen. „Wir kannten uns vorher nicht“, erzählt sie, aber durch die intensive Zusammenarbeit sei schnell großes Vertrauen entstanden. „Wir geben uns gegenseitig Halt, wenn wir traurig oder erschöpft sind.“
Die Kölner Initiative ist inzwischen in ganz Deutschland bekannt. Die Organisatorinnen berichten in den Medien oder auf Podiumsdiskussionen über ihre Erfahrungen als Jüdinnen und Palästinenserinnen in Deutschland. Inzwischen beraten sie auch Gruppen in anderen deutschen Städten. „Wir waren in den vergangenen Monaten rund um die Uhr mit unseren Demonstrationen beschäftigt“, sagt Nadine Migesel. „Jetzt erst kommen wir dazu, uns breiter aufzustellen.“ Rund 10.000 Menschen folgen der Initiative mittlerweile auf Instagram.