Tausende Begegnungen
Mit Tanz, Musik, neuen Freundschaften endete das Deutsch-Russische Jahr des Jugendaustauschs. Russlands Außenminister Lawrow feierte mit.
Jakutische Jugendliche in weißen Tanzgewändern treffen deutsche Nachwuchsfeuerwehrleute in Uniformen; Jugendclubs und Schulen aus Deutschland und Russland stellen sich mit Infoständen vor. Im Auswärtigen Amt in Berlin gibt es an diesem Tag viele ungewöhnliche Begegnungen und viele junge Besucher. „Normalerweise treffen sich hier im Weltsaal Diplomaten, um über die ernsten Dinge des Lebens zu sprechen“, erklärt Andreas Görgen, Leiter der Abteilung Kultur und Kommunikation im Auswärtigen Amt, bei der Begrüßung der Gäste. Mit der Abschlussveranstaltung des Deutsch-Russischen Jahres des Jugendaustauschs 2016/2017 setzt das Ministerium ein Zeichen: „Das Amt und die Politik sollen sich öffnen“, so Görgen.
Die Politik könne der Jugend beider Länder nicht vorschreiben, wie sie sich zu verständigen habe, lautet Görgens Botschaft. „Unsere Aufgabe ist es, Freiräume zu schaffen, in denen ihr ungestört zusammenkommen könnt.“
„Investition“ in die Jugend
Innerhalb eines Jahres begegneten sich mehrere Tausend russische und deutsche Jugendliche bei rund 700 Veranstaltungen. Die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch in Hamburg registriert bereits ein steigendes Interesse an schulischen und außerschulischen Projekten. Von einem „Zeichen in politisch nicht einfachen Zeiten“ sprach Ralf Kleindiek, Staatssekretär im Bundesjugendministerium. Dazu beigetragen habe die politische Unterstützung, etwa die Halbierung von Servicegebühren für Visa im Jugendaustausch.
Im Juni 2016 hatten die Außenminister beider Länder das Jahr des Jugendaustauschs in Moskau eröffnet. Von einer „Investition“ in die Jugend beider Länder sprach nun in Berlin der russische Außenminister Sergej Lawrow. Eine Entfremdung zwischen Russen und Deutschen, so Lawrow, dürfe unter keinen Umständen zugelassen werden – dafür sei der Weg der Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg zu schwierig, der gezahlte Preis zu hoch gewesen.
Auch Staatssekretär Markus Ederer, der Außenminister Sigmar Gabriel vertrat, erinnerte daran, dass Deutsche und Russen in der Geschichte tiefste Gräben überwunden hätten. Im Jugendaustausch funktioniere eine „Völkerverständigung von unten“. Sergej Lawrow sagte, es liege in den Händen der jungen Russen und Deutschen, eine gemeinsamen Zukunft in einem „gemeinsamen europäischen Haus“ zu sichern.
Hip-Hop und mehr
In Berlin konnten die Jugendlichen aber auch unbeschwert feiern. Das zweitägige Abschlussfestival im Russischen Haus der Wissenschaft und Kultur stand unter dem Motto „Wir – Миp“. Ein schönes Wortspiel mit dem russischen Wort „Mir“, das sowohl „Welt“ als auch „Frieden“ bedeuten kann.
Ein Auftritt des Hamburger Vereins „Tanzbrücke“ gemeinsam mit der inklusiven Theatergruppe „Kleiner Prinz“ aus Jakutsk begeisterte ebenso wie die jungen Tänzer der „Moscow-Berlin Connection“ mit ihrer Hip-Hop-Performance. Dabei verschwammen die Grenzen zwischen den Kulturen; es war unmöglich zu erkennen, wer Moskauer, wer Berliner Tänzer war. Ein abwechslungsreiches Spiel- und Sportprogramm erlebten die Austauschteilnehmer und Besucher auf dem Tempelhofer Feld, während Technikbegeisterte in der Feuerwache Wedding über deutsch-russische Raketenexperimente staunten.
Nach Workshops und Diskussionen in einem Barcamp am Folgetag endete das Jahr des Jugendaustauschs mit einer großen Party. Trotzdem geht der Austausch nahtlos weiter: Schon im Juni 2017 haben die Außenminister Lawrow und Gabriel im russischen Krasnodar das Deutsch-Russische Jahr der kommunalen und regionalen Partnerschaften 2017/2018 eröffnet – vor dem Hintergrund, dass viele Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und Russland derzeit ihr 25-jähriges Bestehen feiern. Auch Jugendbegegnungen werden im neuen Rahmen ein weiteres Jahr lang gefördert.