Wahlkampf in Zeiten von Corona
Deutschland wählt einen neuen Bundestag, der über die Nachfolge von Angela Merkel entscheidet.
Wer wird nach Angela Merkel Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler? Am 26. September 2021 wird ein neuer Bundestag gewählt. Das Parlament entscheidet dann, sobald sich eine Regierungskoalition mit einer Mehrheit gefunden hat, über die Merkel-Nachfolge. Noch aber ist Wahlkampf. Der jedoch anders verläuft als jemals zuvor. Keine Überraschung in Zeiten der Corona-Pandemie. Grundsätzlichen Streit über die Wege, Corona zu bekämpfen gibt es nicht – die wenigen extremen Positionen werden in kleinen Parteien vertreten. Er ist aber auch anders, weil es nie zuvor einen Wahlkampf ohne Kanzler oder zuletzt Kanzlerin gab, die das Amt verteidigten.
Umweltthemen beherrschen die Diskussion
Umwelt- und Klimathemen sind in diesem Wahlkampf bisher die wichtigsten. Unter den großen Parteien sind die Ziele der Treibhausgasreduktion und Klimaneutralität Deutschlands unumstritten, nicht aber der Zeitplan und der Weg dorthin. Während die Grünen alle Ziele schneller erreichen wollen und eine Art Klima-Veto für sämtliche Regierungsentscheidungen vorschlagen, warnen andere Parteien wie die CDU/CSU vor einer Gefährdung der wirtschaftlichen Stabilität bei zu schnellem Vorgehen. Sie hält an dem Ziel 2045 für die Klimaneutralität fest. Auch die SPD orientiert sich an dem gemeinsam mit der CDU/CSU im Juni 2021 beschlossenen Klimaschutzgesetz.
Das zweite große Thema ist die Steuerpolitik und die Staatsverschuldung. Umstritten ist hierbei, inwieweit die gesetzlichen Grenzen zur Neuverschuldung außer Kraft gesetzt werden sollten, um mehr Geld in die Klimapolitik und die Unterstützung der Wirtschaft, um die Folgen der Pandemie abzufedern, investieren zu können.
Alle Parteien sind sich einig, dass eine Lehre aus den Schulschließungen während der Corona-Pandemie eine verstärkte Digitalisierung an den Schulen sein muss. Umstritten ist aber auch hier die Finanzierung, zumal die eigentliche Schulpolitik in Deutschland Sache der Bundesländer ist.
In der Arbeits- und Sozialpolitik wollen die drei großen Parteien Geringverdienern helfen. Die CDU/CSU möchte die Grenze für abgabenfreie sogenannte Minijobs von 450 auf 550 Euro im Monat anheben. SPD und auch Grüne fordern einen Mindestlohn von 12 statt bisher 9,60 Euro in der Stunde.
Weitestgehend einig sind sich die großen Parteien in der Außenpolitik. Auch wenn sie unterschiedliche Schwerpunkte setzen, so verfolgen doch alle einen multilateralen Ansatz mit einer weiteren Stärkung der Europäischen Union.
Stammwähler werden immer weniger
Traditionell gibt es in Deutschland viele „Stammwähler“, die sich stark einer Partei und ihrer grundsätzlichen Ausrichtung zugehörig fühlen. Ihre Zahl sinkt jedoch stetig und liegt bei den meisten Parteien unter einem Drittel ihrer Wählerschaft. Wegen der derzeit großen Wirkung von Umweltthemen haben die Grünen Untersuchungen zufolge das größte Potential, anderen Parteien Stimmen abzunehmen. Entsprechend werden sie von den anderen als wichtigster Gegner betrachtet. Dennoch, von einer Richtungswahl, in der es um einen grundlegenden Politikwandel geht, kann kaum gesprochen werden. Vielleicht liegen auch deswegen die drei großen Parteien CDU/CSU, SPD und Grüne in Umfragen so dicht beieinander, dass schon die übliche Fehlertoleranz die Reihenfolge auf den Kopf stellen kann.
Wahl-O-Mat hilft Unentschlossenen
Wer nüchtern nach den Wahlprogrammen wählen möchte, erhält ab dem 2. September Hilfe. Dann geht der traditionelle Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung online. Hier werden Antworten zu Fragen aus allen Politikfeldern zur Auswahl gestellt, die den Parteiprogrammen entnommen sind (auf Deutsch). Am Ende wird den Usern gezeigt, mit welcher Partei sie wie weit übereinstimmen. Ganz ohne Wahlkampf.
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