Gemeinsam gegen Plastikmüll
Deutschland und China wollen den Plastikmüll in den Weltmeeren reduzieren. Ein bilaterales Umweltforum in Taicang ist ein wichtiger Schritt.
Schätzungsweise 270.000 Tonnen Müll treiben in den Ozeanen der Welt – darunter auch viel Plastikmüll aus westlichen Industriestaaten. Beim 7. deutsch-chinesischen Umweltforum im chinesischen Taicang stand die Suche nach Lösungen gegen die Vermüllung der Umwelt daher ebenso im Zentrum wie eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes und das Erreichen internationaler Naturschutzziele.
„Unsere Ozeane versinken im Plastikmüll, Mikroplastik gefährdet unsere Gesundheit“, sagte Deutschlands Bundesumweltministerin Steffi Lemke bei dem von den Umweltministerien beider Länder sowie dem Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft ausgerichteten Forum. Sie forderte, dass die Produktion insbesondere von Einwegplastik nicht ungebremst steigen dürfe. „Wir brauchen nachhaltiges Produktdesign, weniger Gift in Plastik, lange Nutzungsdauern, mehr Mehrwegverpackungen und Recycling.“ Für Steffi Lemke bedeutet das Forum einen wichtigen Meilenstein: „Es war ein relevanter Schritt hin zu dem globalen Abkommen gegen Plastikmüll, das bis 2025 erarbeitet werden soll.“ Unter dem Motto „Gemeinsam für eine grüne und nachhaltige Entwicklung – Synergieeffekte bei der Bekämpfung von Umweltverschmutzung, Verlust der biologischen Vielfalt und Klimawandel“ traf Lemke in Taicang mit ihrem chinesischen Amtskollegen Huang Runqiu zusammen. Das Forum ist das wichtigste bilaterale Austauschformat der beiden Länder in der Umweltpolitik.
Rohstoffe werden weltweit immer knapper, gleichzeitig werden weltweit nur rund zehn Prozent der Materialien nach ihrem Gebrauch recycelt, wie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) eruiert hat. Der Anteil an Plastik im Abfall nimmt seit Jahren zu. Das Problem wird durch veränderte Lebens- und Konsumgewohnheiten wie Essen „to go“ und E-Commerce, die industrielle Entwicklung sowie wachsende Städte verschärft.
Warum es ohne China in Klimafragen nicht geht
Dass viele Abfälle gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern nicht ordnungsgemäß entsorgt oder recycelt werden, schadet nicht nur Menschen, der Umwelt und durch die Verbrennung letztlich dem Klima, sondern bedroht auch die biologische Vielfalt. Die Volksrepublik China mit ihren 1,4 Milliarden Menschen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem der bedeutendsten weltpolitischen Akteure entwickelt. Kaum einer Herausforderung von globaler Bedeutung kann ohne Beteiligung Chinas begegnet werden. Daher sieht Umweltministerin Lemke China auch beim Klimaschutz als wesentlichen Akteur, wie sie beim Forum betonte: „Ich setze darauf, dass China eine zentrale Rolle bei der Bewältigung der globalen Krisen spielt. Ohne China als größtem CO2-Emittenten und größtem Produzenten Erneuerbarer Energien können wir die Klimakrise nicht eindämmen.“ Auch für die internationalen Naturschutzziele oder die Bekämpfung von Plastikmüll seien Chinas Beiträge unverzichtbar.
Die 700.00-Einwohner-Stadt Taicang, in der das Forum stattfand, ist für ihre Industrieparks und ihre Nachhaltigkeitsarbeit bekannt. Viele mittelständische und große deutsche Unternehmen sind hier ansässig. Lemke besuchte während ihres Besuchs einige der Unternehmen und tauschte sich mit Vertreterinnen und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen sowie Studierenden der Tongji-Universität in Shanghai aus. Sie wurde von einer hochrangigen Delegation von Vertretenden der Wirtschaft, vom deutschen Naturschutzring sowie der Nichtregierungsorganisation Germanwatch begleitet.
In den drei Subforen des Forums tauschten sich Nachhaltigkeits- und Umweltbeauftragte deutscher und chinesischer Unternehmen über ihre umweltpolitischen Erfahrungen aus. In den Foren ging es sowohl um die lmplementierung des Weltnaturschutzabkommen, das von den Vertragsstaaten der 15. COP im chinesischen Kunming und im kanadischen Montreal geschlossen wurde, um ein nachhaltiges Chemikalienmanagement sowie um Lösungen gegen die Plastikvermüllung der Umwelt. Mit der Möglichkeit für Fachgespräche und Vernetzung der Beteiligten soll das Forum die Umsetzung zentraler umweltpolitischer Anliegen beschleunigen.
Warum Recycling so wichtig ist
Dass die gemeinsame bilaterale Arbeit bereits funktioniert, zeigt das Beispiel einer Abfallsortieranlage in der Millionenstadt Suzhou. In dem deutsch-chinesischen Kooperationsprojekt geht es hier darum, insbesondere PET-Flaschen, papierbasierte Getränkebehälter und Plastikverpackungen aus dem gemischten Abfall herauszusammeln und möglichst zu recyceln. Diese Verbesserung der Recyclingkette für Verpackungsabfälle leistet einen bedeutenden Beitrag zur Kreislaufwirtschaft, fördert die Entwicklung für Ersatzlösungen von Kunststoffen und sensibilisiert im besten Fall auch politische und stadtpolitische Entscheidungstragende sowie die gesellschaftliche Öffentlichkeit.
Indem Leitlinien und Good-Practice-Beispiele bereitgestellt und Schulungen zur Planung und Finanzierung von Abfallwirtschaftssystemen angeboten werden, sollen Klimaaspekte und Technologien Eingang in die Abfallwirtschaft finden. Langfristig soll das dazu führen, dass Treibhausgase in die Abfall- und Kreislaufwirtschaft reduziert werden. „Die Unternehmen, die sich frühzeitig um die Entwicklung und Implementierung nachhaltiger Produkte und Konzepte kümmern, werden in Zukunft davon profitieren. Gerade wirtschaftlich starke Staaten müssen und können mit gutem Beispiel vorangehen. Wir können der Welt zeigen, dass man Klima- und Umweltschutz forcieren und dadurch auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann“, betonte Lemke. Gemeinsam mit der Delegation besuchte die Ministerin auch das städtische Bauabfall-Recycling-Zentrum in Taicang sowie einen Betrieb, der Anlagen zur Reinigung von Abwasser herstellt.
Wenn in Taicang auch noch kein Abkommen geschlossen werden konnte, so wollen Steffi Lemke und ihr chinesischer Amtskollege Huang Runqiu nach eigenen Angaben die gute Kooperation zwischen Deutschland und China beim Umwelt- und Naturschutz vertiefen und ausbauen. „Verabredungen auf dem Papier reichen angesichts der globalen Krisen nicht“, sagte Steffi Lemke schon vor dem Treffen. „Mir ist wichtig, dass wir jetzt schnell ins Handeln kommen – und konkrete Lösungen finden.“