Die Zukunft der Wasserversorgung
Umweltministerin Steffi Lemke erklärt im Interview, wie die Nationale Wasserstrategie dem Klimawandel entgegenwirken soll.
Bis 2050 soll die Wasserwirtschaft an die Folgen des Klimawandels angepasst und ein naturnaher Wasserhaushalt hergestellt werden. Das ist das Ziel der Nationalen Wasserstrategie, die vom Kabinett beschlossen wurde. Bundesumweltministerin Steffi Lemke erklärt, was die Wasserstrategie beinhaltet.
Frau Ministerin Lemke, vor welche Herausforderung steht die Wasserversorgung in Deutschland?
Unsere Wasserversorgung ist ein komplexes System. Die öffentliche Wasserversorgung muss ganz unterschiedliche Faktoren berücksichtigen, deren Entwicklung häufig nur schwer vorherzusagen ist. Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung spielen eine ganz wesentliche Rolle, aber auch die gleichzeitigen Entnahmen in Spitzenzeiten – wie etwa bei lang anhaltenden Hitzewellen, die zur Netzüberlastungen führen können.
Wie soll die Nationale Wasserstrategie diese Probleme lösen?
Wir sprechen uns in der Nationalen Wasserstrategie für die Erstellung von Wasserversorgungs- oder Wassernutzungskonzepten aus, die Wege aufzeigen, prognostizierte Wasserbedarfe und Wasserangebote auf regionaler Ebene in Einklang zu bringen.
Wir sprechen uns auch für einen stärkeren Verbund von Versorgungsgebieten und eine vorsorgliche Festsetzung von weiteren möglichen Vorranggebieten für die Trinkwasserentnahmen aus. In manchen Regionen ist vor dem Hintergrund der Klimakrise auch eine Wasserfernversorgung – wie wir sie zum Beispiel mit der Bodenseefernwasserversorgung für den Raum Stuttgart kennen – ins Auge zu fassen, wobei wir aber grundsätzlich weiter einer möglichst ortsnahen Versorgung den Vorrang einräumen
Welche Ideen gibt es, um die Wasserversorgung in Deutschland nachhaltiger zu gestalten?
Grundlage für eine nachhaltige Wasserversorgung ist die Wiederherstellung eines naturnahen Wasserhaushalts, der besser gegen die Auswirkungen der Klimakrise gewappnet ist. Dabei dienen zum Beispiel Landschaften und Böden als natürliche Wasserspeicher. Uferbereiche von Seen und Flussauen müssen wieder ihre Funktion als natürliche Rückhalteräume bei Hochwasser und als Speicher für niederschlagsarme Phasen erfüllen. So bleibt der Wasserhaushalt im Gleichgewicht, was sowohl der Wasserversorgung als auch der Natur zu Gute kommt.
Die Frage der Anpassung der Infrastrukturen oder die Vernetzung von Versorgungsgebieten hatte ich schon angesprochen. Es wird aber auch darum gehen, neue Wege bei der Nutzung von Wasser zu gehen. So ist es für viele Nutzungen nicht zwingend, Wasser mit Trinkwasserqualität einzusetzen. Hier können das Recyceln und das zielgerichtete Aufbereiten von Brauchwasser oder Abwasser zur Entlastung bei den Entnahmen von Frischwasser und damit der Sicherung der Trinkwasserressourcen beitragen.
Aus der Sicht des Umweltschutzes müssen wir zudem bei der Reduzierung der Gewässerbelastungen weiter vorankommen. Trotz unbestreitbarer Fortschritte sind die Belastungen von Grundwasser und Oberflächengewässern mit Nähr- und Schadstoffen noch zu hoch. Neben der weiteren Verbesserung der Abwasserbehandlung brauchen wir hier Ansätze, die solchen Belastungen künftig entlang der gesamten Kette von der Herstellung über die Verwendung bis zur Entsorgung von Stoffen und Produkten vorbeugen.
Wie kann die Wasserversorgung im Hinblick auf den Klimawandel in Zukunft gesichert werden?
Es wird zukünftig darum gehen, sich an veränderte Niederschlagsmuster anzupassen, indem Wasser verstärkt versickern kann, zurückgehalten oder zwischengespeichert wird. Wir brauchen mehr Klarheit über die Entwicklung von Dargeboten und Bedarfen, um auf dieser Basis regionale Wasserversorgungskonzepte zu entwickeln, die eine Übernutzung der Wasserressourcen und Nutzungskonflikte vorsorgend vermeiden. Dies kann auch eine weitere Vernetzung von Versorgungsgebieten und ein Ausbau von Fernversorgungen bedeuten. Es sollte aber unser Ziel sein, soweit wie möglich eine ortsnahe Versorgung zu gewährleisten.