„Für den Schutz von Ökosystemen“
Die Initiative TEEB bewertet die Natur: Karsten Grunewald erklärt, wie wichtig dafür die Zusammenarbeit mit Russland ist.
TEEB (The Economics of Ecosystems and Biodiversity) ist eine internationale Initiative, mit der Länder weltweit die Natur ökonomisch bewerten wollen. Das Dresdner Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), das Moskauer Biodiversity Conservation Centre (BCC) und die Universität Tjumen haben dafür in dem vom Bundesumweltministerium finanzierten Forschungsprojekt „TEEB-Russia-2“ Biodiversität und Ökosystemleistungen in Russland untersucht. Karsten Grunewald vom IÖR hat das Vorhaben geleitet.
Herr Dr. Grunewald, warum ist es wichtig, dass Russland sich an der TEEB-Initiative beteiligt?
Die riesigen Landflächen in Russland, aber auch in Staaten wie Kasachstan oder der Ukraine, sind sehr wichtig, wenn wir global über den Klimaschutz und den Erhalt der Biodiversität diskutieren. Deshalb müssen diese Staaten in internationalen Umweltschutzinitiativen berücksichtigt werden. Das Prinzip der Bewertung von Ökosystemleistungen als ein Aspekt der Bioökonomie ist ein eher westliches System. Deswegen ist es auch eine spannende Frage, wie es sich auf post-sozialistische Systeme übertragen lässt. Wenn Natur zur Ware werden soll, reagiert man dort besonders skeptisch.
Wie ist es denn grundsätzlich um den Zustand der Ökosysteme und der Ökosystemleistungen in Russland bestellt?
Russland hat vor allem im Osten riesige Gebiete, die sehr dünn besiedelt und sehr naturnah sind. Insgesamt machen sie rund die Hälfte der Landesfläche aus. Nur zum Vergleich: In Europa finden sich solche Gebiete nur noch auf knapp drei Prozent der Landesfläche. Auf der anderen Seite gibt es in Russland auch einige Städte mit schlechter Luftqualität oder Gebiete mit hoher Belastung durch Radioaktivität oder Schwermetalle. Das ins Bewusstsein zu rufen, ist auch Aufgabe von TEEB. Ein wichtiger Impuls für den Schutz von Ökosystemen und biologischer Vielfalt könnte die Etablierung eines Monitoring- und Bewertungssystems in Russland sein. Das würde helfen, Ökosysteme und ihre Leistungen zu erhalten und nachhaltiger zu nutzen.
Hat TEEB denn bereits Einfluss auf die Politik?
Auf nationaler Ebene war erfreulich, dass Präsident Wladimir Putin einen Erlass zur Erhebung der Ökosystemleistungen verfügt hat. Damit soll zum einen der Beitrag Russlands für den internationalen Klima- und Biodiversitätsschutz gewürdigt werden, zum anderen sollen Baumaßnahmen durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert werden. Auf der lokalen Ebene geht es darum, dass die Behörden die Wertschätzung für die Natur in ihre Entscheidungen miteinbeziehen und nicht alles nur ausschließlich ökonomisch beurteilen. In Moskau bedeutet das zum Beispiel, dass die Stadtplanung ökologische Aspekte bei der Gestaltung von Grünflächen berücksichtigt. Wird etwa ein künstlicher See angelegt, sollen die Ufer nicht komplett zubetoniert, sondern möglichst natürlich belassen werden.
Der Schutz der Biodiversität ist ein weltweites Unterfangen. Inwieweit fließen Ihre Ergebnisse in internationale Prozesse ein?
Das zentrale TEEB-Büro in Genf hat bereits unsere Daten erhalten. Sie fließen auch in die Arbeit des Weltbiodiversitätsrats IPBES ein. Er ist für seine Expertisen darauf angewiesen, dass grundlegende Daten zur Natur in Russland und anderen Staaten erhoben werden.