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„Ich möchte den Menschen das Paradies auf Erden zeigen“

Fotograf Sebastião Salgado kämpft gegen die Zerstörung des Regenwaldes – jetzt hat er eine Konzertreihe bebildert. Ein Treffen in Frankfurt am Main.

Kim BergInterview: Kim Berg, 30.09.2024
Sebastião Salgado ist Fotograf und Umweltaktivist.
Sebastião Salgado ist Fotograf und Umweltaktivist. © dpa

Sebastião Salgado ist bekannt für seine kraftvollen Schwarz-Weiß-Bilder, die oft soziale und ökologische Themen ins Zentrum rücken. Mit seiner aktuellen Konzertreihe „Amazônia“ kombiniert er Fotografien aus dem Amazonas mit Werken des brasilianischen Komponisten Heitor Villa-Lobos. Ziel des Projekts ist es, nicht nur die unberührte Schönheit des Regenwaldes zu zeigen, sondern auch auf dessen zunehmende Zerstörung aufmerksam zu machen. Neben seiner Arbeit als Fotograf setzt sich Salgado seit vielen Jahren für den Schutz der Umwelt ein und gründete mit seiner Frau 1998 das „Instituto Terra“, ein Aufforstungsprojekt in Brasilien. Deutschland.de traf Salgado in Frankfurt am Main, wo „Amazônia“ zu sehen und zu hören war.

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Herr Salgado, in der Konzertreihe „Amazônia“ kombinieren Sie Ihre Bilder des Regenwalds mit der Musik von Villa-Lobos. Wie ergänzen sich Musik und Fotografie?

Mir war es wichtig, Bilder herauszusuchen, die zur Musik passen. Dafür habe ich mir die Musikabfolge mindestens 500-mal angehört und überlegt, in welchen Teilen ich welche Fotografien zeigen möchte. Im ersten Teil der Vorstellung ist die Musik laut und mächtig, dort habe ich mich zum Beispiel für Luftaufnahmen des Amazonas entschieden. An anderen Stellen ist die Musik ruhig und lieblich, dort zeige ich indigene Frauen und Kinder. Musik und Fotografie sollen miteinander harmonieren.

Was möchten Sie durch das Konzert vermitteln?

Etwa 18 Prozent des Amazonas-Regenwaldes wurden bereits zerstört. Doch 82 Prozent sind noch intakt. Mit dem Konzert möchte ich den Menschen das Paradies auf Erden zeigen. Ich möchte ihnen die Schönheit zeigen, die es zu erhalten lohnt. Außerdem sollen die Zuschauer verstehen, dass wir den Regenwald gemeinsam zerstören. Denn der Wald wird abgeholzt, um Soja zu produzieren, das Schweine und Rinder weltweit essen, auch in Europa. Mit unserem Konsumverhalten zerstören wir alle gemeinsam den Amazonas. Und deshalb können wir ihn auch nur zusammen retten.

Deutschland und Brasilien haben eine enge Zusammenarbeit im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes vereinbart. Welche Bedeutung hat die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich?

Die deutsche Bundesregierung engagiert sich sehr aktiv im Amazonas. Sie gehört neben Norwegen zu den größten Geldgebern des Amazonienfonds zum Schutz des Regenwaldes. Auch unser Projekt „Instituto Terra“ wird von Deutschland über die Förderbank KfW finanziert. Mit dieser Unterstützung haben wir den abgeholzten Regenwald auf dem Land meiner Familie in Minas Gerais regeneriert. Bäume sind unglaublich wichtig für unseren Planeten. Sie binden nicht nur Kohlendioxid, sondern sind auch riesige Wasserspeicher, die die Feuchtigkeit im Boden halten und so zur Bildung von Quellen und Regen beitragen. Bisher haben wir mit unserem Aufforstungsprojekt rund 2.000 Quellen wiederhergestellt. Der subtropische Regenwald ist in die Region zurückgekehrt, frisches Wasser fließt und ehemals heimische Tiere haben sich erneut angesiedelt.

Ich habe die Hoffnung, dass die Menschen irgendwann verstehen werden, dass wir die Zerstörung unserer Erde beenden müssen.
Sebastião Salgado

Was sind Ihre nächsten Ziele mit Instituto Terra?

Wenn wir den Planeten wiederherstellen wollen, dann müssen wir weiter Bäume pflanzen. Dafür müssen wir auch landwirtschaftliche Flächen nutzen. Wenn man Bauern in diesem Prozess außen vor lässt, werden wir niemals Erfolg haben. Wir müssen die Farmer in Entscheidungsprozesse einbeziehen, sie respektieren. Mein Sohn plant ein Projekt, in dem wir mit tausenden Landwirten zusammenarbeiten, um den Regenwald in der gesamten Region zu erneuern. Wir wollen den Agrarsektor in der Gegend komplett neu gestalten und eine Land- und Viehwirtschaft im Schatten der Bäume etablieren. So können wir mehr Wasser generieren und den Regen in die sonst sehr ausgetrocknete Region zurückbringen. Dafür arbeiten wir mit der KfW an einem neuen Projekt, das nicht nur das Instituto Terra einbezieht, sondern tausende Bauern in unserem Tal – und unser Tal ist so groß wie Portugal.

Was gibt Ihnen angesichts von globalen Umweltzerstörungen Hoffnung?

Mit Instituto Terra haben wir mehr als drei Millionen Bäume gepflanzt und wir hören nicht auf. Ich habe die große Hoffnung, dass wir den Regenwald in unserer Region gemeinsam erneuern. Aber die weltweite Lage sieht leider nicht gut aus. Menschen legen Feuer im Amazonas, in Neuguinea, in Indonesien. Wir zerstören die Natur überall. Dabei brauchen wir die Natur und wir brauchen die Bäume. Ich habe die Hoffnung, dass die Menschen irgendwann verstehen werden, dass wir die Zerstörung unserer Erde beenden müssen.