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„Mein zweites Zuhause”

Zwischen Berufsschule, Freundeskreis und Heimweh: Drei junge Frauen und Männer aus Mexiko und El Salvador erzählen von ihrer Ausbildung in Deutschland.

Autorin Julia KanningJulia Kanning, 27.03.2025
David Colorado
David Colorado aus El Salvador in seinem Ausbildungsbetrieb © privat

David Colorado (20) aus El Salvador, Ausbildung zum Metallbauer

„Ich lebe zwar erst ein halbes Jahr in Deutschland, aber ich kann es mir gar nicht mehr anders vorstellen. Das liegt auch daran, dass ich mich schon lange damit beschäftigt hatte, eines Tages nach Deutschland zu gehen. In El Salvador habe ich eine PASCH-Schule besucht, die sich durch ihre enge Verbindung zu Deutschland auszeichnet. Wir erhielten zum Beispiel intensiven Deutschunterricht und frühzeitig Informationen über das deutsche Ausbildungssystem. Wir konnten sogar an einer Online-Messe teilnehmen, auf der sich deutsche Betriebe vorstellten. Als ich dort Forster Stahl- und Anlagenbau kennenlernte, war ich Feuer und Flamme: Das Unternehmen wirkte familiär, der Chef nett und die angebotene Ausbildung sehr spannend. Ich bewarb mich also – und wurde genommen.

Im August 2024 trat ich meine Lehrstelle in Weiden in der Oberpfalz an. Das habe ich noch kein einziges Mal bereut. An zwei Tagen in der Woche gehe ich in die Berufsschule, an drei Tagen arbeite ich im Betrieb. Ich lerne, wie man technische Zeichnungen auswertet, Konstruktionen anfertigt und Metall verarbeitet: Biegen, spannen, schweißen – mein Job ist anspruchsvoll, macht aber auch viel Spaß. Auch außerhalb der Arbeit fühle ich mich wohl in Deutschland. Ich mache gerne Radtouren und erkunde die Umgebung – hier in der Oberpfalz gibt es viele Wälder, die ganz anders sind als in meiner Heimat, aber mindestens genauso schön! Nur die Sprache fällt mir noch etwas schwer, vor allem, weil die Menschen hier einen Dialekt sprechen. Aber ich gewöhne mich jeden Tag mehr daran. Inzwischen begrüße ich meine Kollegen morgens manchmal schon mit ‚Servus!‘.“ 

Ámbar Navarro Becerra
Ámbar Navarro Becerra wird Medizinische Technologin für Radiologie. © privat

Ámbar Navarro Becerra (21)  aus Mexiko, Ausbildung zur Medizinischen Technologin für Radiologie

„Ich bin in Guadalajara aufgewachsen und habe nie darüber nachgedacht, dort wegzugehen. Nach dem Schulabschluss aber fühlte ich mich orientierungslos. Mein Deutschlehrer machte mich dann auf das Programm APAL der Bundesagentur für Arbeit aufmerksam, und ich war sofort begeistert: Ich würde einen Beruf erlernen und gleichzeitig ein neues Land kennenlernen! Als ich im Juni 2022 nach Deutschland flog, war ich doch nervös: Würde mir die Arbeit wirklich liegen? Aber gleich zu Beginn meiner Ausbildung in einem Krankenhaus in Bonn hatte ich ein Schlüsselerlebnis: Ein Junge hatte Angst vor dem Röntgen und weinte – ich war die Einzige, die ihn beruhigen konnte. Da merkte ich: Mit Menschen zu arbeiten ist mein Ding! Aber ich mag auch den technischen Aspekt meiner Ausbildung: MRT- und CT-Verfahren, Bestrahlungen, Röntgenaufnahmen.

Jetzt bin ich im dritten Lehrjahr und habe wirklich viel dazugelernt – nicht nur fachlich, auch persönlich. Ich habe gelernt, eigenständig zu sein und mir etwas aufzubauen. Inzwischen habe ich deutsche Freundinnen und spreche die Sprache ziemlich gut. Nach der Ausbildung will ich auf jeden Fall hierbleiben – Deutschland ist mein zweites Zuhause!“

Richard Reyes
Richard Reyes aus El Salvador macht eine Ausbildung zum Fertigungsmechaniker. © privat

Richard Reyes (20) aus El Salvador, Ausbildung zum Fertigungsmechaniker

„Gerade für junge Leute ist es in El Salvador nicht einfach, einen guten Job zu finden. Auch deshalb habe ich mich entschieden, meine Heimat zu verlassen, um meine Ausbildung in Deutschland zu absolvieren. Ich wusste, dass hier schon Auszubildende ein anständiges Gehalt bekommen und die Jobaussichten vielversprechend sind: In vielen Branchen herrscht Fachkräftemangel. Wer eine Ausbildung im Handwerk durchzieht, wird auch einen Job finden. Bei einer Schulveranstaltung lernte ich das Programm APAL kennen. Ich füllte einen Fragebogen aus und hatte kurz darauf zwei Vorstellungsgespräche mit Firmen aus Deutschland.

Am Ende erhielt ich die Zusage von Horsch Maschinen, einem Landmaschinenhersteller aus Schwandorf in Bayern. Seit einem halben Jahr werde ich hier zum Fertigungsmechaniker ausgebildet. Der Beruf ist technisch herausfordernd, aber auch sehr spannend. Im Betrieb fühle ich mich sehr wohl. Das liegt vielleicht auch daran, dass noch fünf weitere Mitarbeiter aus El Salvador kommen – das half gegen das Heimweh, das ich anfangs noch hatte. Ich vermisse meine Familie zwar noch immer, aber fühle mich heute auch in Deutschland zu Hause. Ich habe hier zum ersten Mal Schnee gesehen und mich an die Kälte im Winter gewöhnt, gehe ins Fitnessstudio und habe deutsche Kumpels. Ich will mir hier mein Leben aufbauen. Deshalb hänge ich mich in der Ausbildung rein und lerne viel für die Berufsschule. Bei den ersten Prüfungen bin ich noch durchgefallen, weil ich nicht genug Deutsch verstand und mich falsch vorbereitet hatte. Daraus habe ich gelernt – die letzten Prüfungen liefen viel besser.“

Für junge Talente

Das Programm „Ausbildungspartnerschaften in Lateinamerika“ (APAL) ermöglicht jungen Menschen aus El Salvador, Brasilien und Mexiko eine duale Berufsausbildung in Deutschland. Seit 2019 vermittelt die Bundesagentur für Arbeit (BA) junge Menschen ins Handwerk, die Pflege sowie die Medizintechnik. Dabei kooperiert die BA eng mit Goethe-Instituten und PASCH-Schulen. PASCH steht für „Schulen: Partner der Zukunft“. Die PASCH-Initiative motiviert junge Menschen zum Deutschlernen und schafft ein weltweites Netzwerk von Schulen.