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Was Europas Wirtschaft wirklich hilft

Das sagt Ökonom Gabriel Felbermayr zur Europäischen Integration, dem Handelsstreit mit den USA und zu chinesischen Investitionen in Deutschland.

17.07.2018
Gabriel Felbermayr, Experte für Außenwirtschaft am ifo-Institut
Gabriel Felbermayr, Experte für Außenwirtschaft am ifo-Institut © dpa

Gabriel Felbermayr leitet das Zentrum für Außenwirtschaft am ifo-Institut in München. 2019 wird er Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW).

Herr Professor Felbermayr, Angela Merkel und Emmanuel Macron bringen beim Thema „Europäische Integration“ einen Euro-Finanzminister ins Spiel. Sie setzen an anderer Stelle an und schlagen gemeinsame Investitionen in die Infrastruktur vor. Was könnten die leisten?
Ich halte nichts von einem Euro-Finanzminister, solange wir nicht genau wissen, was überhaupt finanziert werden soll. Wir müssen das Pferd von vorne aufzäumen: Zuerst europäische Projekte definieren, die echten Mehrwert bringen. Erst dann macht es Sinn, über ihre Finanzierung sprechen. Ich will gar nicht ausschließen, dass am Ende ein Euro-Budget und ein Euro-Finanzminister stehen.

Anders herum steht der Transfergedanke im Vordergrund. Das halte ich für höchst unklug. Transfers gefallen weder den Bürgern im Norden, die sich als Zahlmeister für Extravaganzen des „Club Med“ sehen, noch den Bürgern im Süden, die ungern bevormundet werden.

Wir brauchen dringend Investitionen in europäische Grenzregionen.
Gabriel Felbermayr, Experte für Außenwirtschaft am ifo-Institut

Welche Investitionen schlagen Sie vor?
Es gibt viele europäische Mehrwertprojekte, die endlich angegangen werden sollten. Zum Beispiel brauchen wir dringend Investitionen, die die Anbindung europäischer Grenzregionen verbessern: Straßen, Schienen, Stromverbindungen. Davon profitieren alle. Von Transfers profitieren nur die Transferempfänger. Und wenn man es clever macht, schaffen Investitionen in die Grenzregionen, die ja oft strukturschwach sind, auch neue Chancen und Beschäftigung.

Mit den USA streitet die EU über Handelszölle. Die US-Regierung erwägt sogar einen Austritt aus der WTO. Wer hat Recht mit seinen Argumenten? Wo liegt die goldene Mitte?
Sowohl die EU als auch die USA haben in puncto Freihandel keine reine Weste und sollten das auch zugeben. Die EU hat die höheren Durchschnittszölle, aber die USA schotten die öffentlichen Beschaffungsmärkte ab. Hier helfen nur Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen wie TTIP.

Trump hat Recht, wenn er die WTO kritisiert. Sie wurde zwischen 1986 und 1994 verhandelt. Zu digitalen Dienstleistungen, Datenschutz oder Klimaerwärmung hat sie wenig bis nichts zu bieten. Sie bietet auch kaum Handhabe gegen flächendeckende staatliche Subventionen, wie zum Beispiel in China. Auch da sind Verhandlungen der einzig denkbare Weg. Die EU muss konkrete Vorschläge entwickeln.

Was würde ein WTO-Austritt den USA bringen?
Ein Austritt aus der WTO hilft den USA überhaupt nicht. Sie mögen sich zwar der lästigen WTO-Schiedsgerichte entledigen, aber sie verlieren den Schutz geistigen Eigentums, den die WTO garantiert, oder die so genannte Meistbegünstigung im Dienstleistungshandel. Das wäre für die USA ein großes Problem.

Donald Trump glaubt, dass das amerikanische Leistungsbilanzdefizit von derzeit circa 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ein Beweis dafür ist, dass die Handelspartner die USA ausbeuten. Da liegt er falsch. Die USA genießen das Dollarprivileg: Sie können dauerhaft mehr verbrauchen, als sie produzieren. Das ist ein Zeichen der Stärke, nicht der Schwäche.

Die EU und die USA müssen ihre gemeinsamen Werte verteidigen
Gabriel Felbermayr, Experte für Außenwirtschaft am ifo-Institut

China investiert in europäische, vor allem deutsche High-Tech-Unternehmen und treibt das Projekt „Seidenstraße“ voran. Ist die Volksrepublik der lachende Dritte?
Im Unterschied zur EU oder zu den USA hat China eine langfristige, auf Dekaden ausgerichtete Strategie. Das ist ein großer Vorteil, obwohl nicht gesagt ist, dass die chinesischen Großprojekte tatsächlich aufgehen. Man muss davon ausgehen, dass auf die chinesischen Investitionen in Infrastruktur in Zentralasien oder zu überhöhten Preisen in deutsche Unternehmen erhebliche Abschreibungen zukommen.

Aber es ist schon richtig: Wenn die EU und die USA ihre gemeinsamen Werte – zum Beispiel den freien Wettbewerb oder den Datenschutz – nicht gemeinsam verteidigen, steigt die Gefahr, dass China anderen Ländern seine Standards und Regeln aufdrückt.

Interview: Martin Orth

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