„Jeder Mensch ist anders“
Tamara John ist Orthopädietechnik-Meisterin. Ihr Beruf verbindet medizinisches Handwerk mit innovativer Technologie.
Als Kind wollte Tamara John Ärztin werden. „Ich habe aber auch schon immer mit meinem Papa in seiner Werkstatt gehandwerkt. Und mir lagen Menschen immer schon am Herzen.“ In ihrem Beruf bringt sie all das zusammen. „Das ist für mich die perfekte Kombination aus Medizin, Handwerk und Sozialem“, sagt John. Die 27-Jährige ist Handwerksmeisterin und stellvertretende Teamleiterin für den Fachbereich Orthetik bei einem Sanitätshaus mit mehr als 250 Mitarbeitenden in Gerlingen, in der Nähe von Stuttgart.
In der Prothetik werden fehlende Arme und Beine durch Prothesen ersetzt. Orthesen unterstützen Gliedmaßen, Rumpf und Kopf bei fehlenden Funktionen oder Fehlstellungen. Und im orthopädietechnischen Sonderbau geht es um passgenaue Anfertigungen, zum Beispiel von Sitzschalen oder Therapietischen, die den Patienten den Alltag erleichtern.
Individuelle Hilfsmittel
„Eine Person kommt zu uns, etwa nach einem Schlaganfall mit einer Lähmung im Fuß und im Arm. Man guckt: Wie viel Funktion ist noch da? Aber auch: Wie sieht ihr Lebensumfeld aus? Könnte sie sich die Hilfsmittel selbst anlegen oder braucht sie dabei Hilfe?“, erklärt John. Nach der Versorgungsplanung wird ein passendes Hilfsmittel ausgewählt. Sollte ein konfektioniertes Produkt nicht in Frage kommen, wird ein individuelles Hilfsmittel angefertigt. Denn für häufigere Verletzungen wie den Kreuzbandriss gebe es zwar gute Standardprodukte. „Die deckt aber nicht alles ab, denn jeder Mensch ist anders.“ Oft braucht es eine auf den speziellen Fall zugeschnittene medizinisch-handwerkliche Versorgung.
Technische Innovationen
In allen Arbeitsschritten haben Innovationen den Beruf verändert. Zum Gipsabdruck kam der Computerscan. „Früher gab es die Schienenschellenapparate: Aluschienen, die man vernietet und mit Leder überzogen hat. Heute gibt es da natürlich andere Materialien“, sagt John. „Karbon, das als Faserverbundwerkstoff verarbeitet wird, aber auch immer mehr 3D-Druck.“ Bei den Hilfsmitteln kommen Myoelektrik und elektronische und hydraulische Gelenke zum Einsatz. Und: funktionelle Elektronensimulation. „Zum Beispiel ein Ganzkörperanzug bei Erkrankungen wie Multiple Sklerose, der elektrische Impulse abgibt.“ Das helfe den Betroffenen dabei, im Alltag besser zurecht zu kommen.
Ein vielseitiger und sinnvoller Beruf
Ihren Beruf kann John nur empfehlen. Er sei sicher. Durch den demografischen Wandel und die medizinischen Fortschritte gebe es in Zukunft mehr Bedarf an orthopädischen Hilfsmitteln. Und es sei ein sehr vielseitiger und sinnvoller Beruf: „Ich habe letztens jemanden mit Unterschenkelorthesen versorgt. Er musste sich immer an einem Stock oder an seiner Frau festhalten. Mittlerweile ist er durch die Orthesen super mobil geworden.“
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