Von der Idee auf den Markt
Die Initiative StArfrica unterstützt deutsche und ruandische Startups beim Markteintritt im jeweils anderen Land.
Die Idee klingt simpel: Man nehme eine Tonne und befülle sie mit Ernteresten. Den Grünschnitt erhitze man unter Ausschluss von Sauerstoff auf sehr hohe Temperaturen – so entsteht Biokohle. Das Verfahren heißt Pyrolyse. Der Vorteil der Pflanzenkohle: Sie kann Holz und herkömmliche Kohle als Brennstoff ersetzen – und damit Regenwälder schützen, CO2-Emissionen reduzieren sowie den Lebensstandard vieler Menschen verbessern.
Das Potenzial der Biokohle erkannten auch die deutschen Studentinnen Charlotte Herboth und Linda Lingenauber. Speziell für Menschen in Malawi haben sie in einem Team eine solche Tonne für Biokohle entwickelt. „Unser System funktioniert im Gegensatz zum richtigen Pyrolyseverfahren mit minimaler Sauerstoffzufuhr. Es ist Lowtech, also einfach zu bauen und sehr kostengünstig“, sagt Charlotte Herboth, die an der RWTH Aachen einen Bachelor in Maschinenbau macht. In Malawi verwenden viele Bauern das System mit dem Namen RecyCoal bereits und nutzen die Biokohle als Düngemittel. „Wir fragten uns, wie wir die Idee auch in Ruanda umsetzen könnten“, so Chemiestudentin Linda Lingenauber.
Deutsch-ruandische Startups fördern
Weil sie sich mit Ruanda als möglichem Markt weniger gut auskannten, kontaktierten sie Niklas Richter von „StArfrica – Startup Germany-Africa“. Das Projekt der Universität Koblenz-Landau unterstützt Existenzgründungen aus der Wissenschaft in Deutschland bei einem potenziellen Markteintritt in Afrika, derzeit mit Fokus auf Ruanda. „Wir informieren, vermitteln Kontakte und fördern den Austausch“, sagt Projektleiter Niklas Richter. Und das in beide Richtungen: An StArfrica können sich neben deutschen Teams auch ruandische Startups wenden, die sich für einen Markteintritt in Deutschland interessieren.
Die Verbindung der Universität Koblenz-Landau mit Ruanda ist eng: Die University of Rwanda ist seit vielen Jahren ein wichtiger Partner, die deutsche Uni betreibt sogar ein „Ruanda-Zentrum und Büro für Afrika-Kooperationen“, in dem viele Kooperationen insbesondere im Bereich der Naturwissenschaften vorangetrieben werden. StArfrica, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi) gefördert wird, sei offen für alle Fachgebiete.
Neue Märkte erschließen
„In Ruanda nimmt Entrepreneurship einen wichtigen Stellenwert ein, von Startups geht eine beeindruckende Dynamik aus“, erläutert Richter. „Wir möchten einigen dabei helfen, Deutschland als Wachstumsmarkt zu erschließen.“ Oder StArfrica verhilft Ideengeberinnen und Ideengebern aus Deutschland wie Charlotte Herboth und Linda Lingenauber zum Markteintritt in Ruanda.
Für das Team von RecyCoal organisierte StArfrica einen Workshop im projekteigenen Inkubator an der University of Rwanda: Ruandische Teilnehmerinnen und Teilnehmer analysierten gemeinsam mit dem deutschen Team das Marktpotenzial der Biokohle-Tonne. Ihr Ergebnis: Die Idee lässt sich nicht einfach adaptieren. „Die landwirtschaftlichen Böden in Ruanda sind feuchter als in Malawi. Deshalb sind auch die Bedingungen für Dünger andere.“ In dem Workshop fanden sie drei Studierende der University of Rwanda, die sie nun dabei unterstützen, RecyCoal auf den ruandischen Markt zu bringen. „Einer von ihnen bearbeitet ein Testfeld mit dem Dünger und übermittelt uns regelmäßig die Ergebnisse“, erläutert Linda Lingenauber. Nach dem Workshop ist auch klar: Die Idee, ihre Tonnen für organischen Müll vor Häusern zu platzieren, eignet sich für Ruanda ebenfalls nicht, weil mehr Menschen in Ballungsräumen leben als in Malawi und es schlicht keinen Platz für die Tonnen gibt.
Charlotte Herboth und Linda Lingenauber haben ihre Idee daher weiterentwickelt: In Ruanda möchten sie organischen Müll zentral sammeln und zu Biokohle verwerten. Einen ruandischen Partner, der die Idee umsetzen möchte, haben sie auch schon gefunden. Als Studentinnen betreuen sie RecyCoal ehrenamtlich über den Verein Enactus. Ihr Ziel ist es, RecyCoal an Partner in Afrika zu übergeben und so den Aufbau eines Startups zu ermöglichen.
Neue Lösung für das Pool-Testverfahren
Niklas Richter von StArfrica freut sich über Erfolge wie diesen und erzählt von einer ruandischen Promotionsstudentin der Mathematik mit einer vielversprechenden Idee für den deutschen Markt. Im Kern gehe es um Algorithmen für Pool-Testverfahren. Die Testung im Pool hilft aktuell dabei, den hohen Bedarf an Coronavirustestungen für Massenscreenings zu decken, kann aber auch in anderen Zusammenhängen angewandt werden. „Ihre Lösung ist sehr innovativ und wir unterstützen die Studierende dabei, ein EXIST-Gründerstipendium in Deutschland zu beantragen“, so Richter. Ihre Idee hätte aus seiner Sicht – ähnlich wie das Konzept von RecyCoal – nicht nur großes Marktpotenzial. Sie würde auch dazu beitragen, globale Herausforderungen zu bewältigen.