Deutsche Energiediplomatie in Bogotá
Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger der Energiewende. Gemeinsam mit Kolumbien arbeitet Deutschland daher an einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft.
Nachhaltig und in großer Menge verfügbar – das ist das Energieversprechen von Wasserstoff. Mit ihm soll die Energiewirtschaft dekarbornisiert werden, um den existenziellen Klimazielen einerseits und dem hohen Energiebedarf einer industrialisierten Welt andererseits Rechnung zu tragen. Diese globale Herausforderung lässt sich nur gemeinsam bewältigen. Deshalb hat sich mit der Wasserstoffdiplomatie ein neues Feld deutscher Energieaußenpolitik gebildet – unter anderem mit einem Wasserstoffdiplomatiebüro in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá.
Wasserstoff wird durch die Elektrolyse von Wassermolekülen gewonnen. Wird der hierfür benötigte Strom nachhaltig erzeugt, spricht man von grünem Wasserstoff. Der meiste Wasserstoff wird heute aus Erdgas produziert. Wenn das dabei emittierte Kohlenstoffdioxid in der Erde gespeichert wird, spricht man von blauem Wasserstoff. Weißer Wasserstoff stammt aus seltenen unterirdischen Wasserstoffquellen, die nachhaltig abgebaut werden können. Was all diese Verfahren gemeinsam haben: Für sie braucht es einerseits natürliche Gegebenheiten und andererseits technologische Expertise. Das Problem: Beide Ressourcen sind auf der Erde ungleich verteilt.
Ressourcen teilen
Hier setzt die Wasserstoffdiplomatie an, sie soll globale Ressourcen effizient zusammenführen. Insgesamt sieben sogenannte „H2-diplo“-Büros hat die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) im Auftrag des Auswärtigen Amts aufgebaut: in Angola, Kasachstan, Kenia, Nigeria, Saudi-Arabien, der Ukraine und Kolumbien. Die geografischen Gegebenheiten in Kolumbien mit zwei Ozeanen und großen Landflächen zur Erzeugung von Solar- und Windenergie bergen großes Potenzial für grünen Wasserstoff. Deutschland bringt technologische Expertise und Erfahrung in der Wasserstoffindustrie mit in die Partnerschaft.
Von der Zusammenarbeit für eine nachhaltige Energiewirtschaft profitiert nicht nur das Klima, sondern auch die Wirtschaft in beiden Ländern. Kolumbien möchte ein großer Player in dem neuen Wirtschaftssektor werden. Dafür hat das südamerikanische Land eine Wasserstoff-Roadmap entwickelt. Bis 2030 will Kolumbien eine Elektrolysekapazität von bis zu drei Gigawatt erreichen und Wasserstoff im Transport und in der Industrie einsetzen, vor allem in der Produktion von Düngemitteln und in Raffinerien. Außerdem soll der Preis bis 2030 bei wettbewerbsfähigen 1,7 US-Dollar pro Kilogramm grünem Wasserstoff liegen. Bis 2050 möchte Kolumbien den Einsatz von Wasserstoff auch auf andere Bereiche ausweiten, etwa auf die Stahl- und Luftfahrtindustrie.
Visibilität und Vernetzung
Um das Partnerland Kolumbien dabei zu unterstützen, arbeitet die Wasserstoffdiplomatin Gina Lagunes mit ihrem Team im „H2-diplo“-Büro in Bogotá an vielen Projekten. Eine Barriere für die Entwicklung von grünem Wasserstoff ist, dass es zurzeit noch zu wenig Nachfrage danach gibt – die wirtschaftlichen Anreize fehlen. Lagunes und ihr Team führen daher eine Studie zu potenziellen Anreizen für die Wasserstoffnachfrage im Düngemittelbereich durch. Das Büro veranstaltet Gesprächsformate und Studienreisen. Bisher unvernetzte Akteure aus Industrie und Wissenschaft sollen sich so austauschen können.
Zusammen mit dem kolumbianischen Energie- und Bergbauministerium hat das Wasserstoffbüro außerdem die Informationsplattform „Ecosistema H2 Colombia“ erstellt, die seit August 2024 abrufbar ist. Die Idee dahinter ist, dass sich Inverstoren so einen Überblicke über die vielen Wasserstoffprojekte in Kolumbien verschaffen können. Das Land soll für internationale Akteure als Wasserstoffstandort sichtbar und attraktiv sein. Auch im Inland wird der Wasserstoff als neuer Wirtschaftsbereich beworben. Kolumbien möchte den Kohleausstieg vorantreiben. Hier kann Deutschland helfen, indem es durch Umschulungen dafür sorgt, dass Menschen, deren Job in der Kohleindustrie wegefällt, in die Wasserstoffindustrie wechseln können.
Deutschland und Kolumbien verbindet eine lange Geschichte wirtschaftlicher Beziehungen. Schon 1949 vereinbarten die Bank deutscher Länder und die kolumbianische Zentralbank den Austausch von Kaffee, Bananen und Tabak aus dem Tropenland gegen Maschinen und Fahrzeuge aus deutscher Produktion. 75 Jahre später, 2024, ist Deutschland mit einem Handelsvolumen von mehr als 50 Milliarden Euro fünftgrößter Handelspartner Kolumbiens und größter Handelspartner innerhalb der EU. Mit mehr als 280 Hochschulkooperationen sind die beiden Länder auch im Wissenschaftsbereich enger vernetzt denn je. Mehr als 3.700 Kolumbianerinnen und Kolumbianer studieren an deutschen Universitäten. Das Wasserstoffbüro in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá ist ein weiterer wichtiger Baustein in der Zusammenarbeit der beiden Länder.