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Zeitreise zum Ursprung der Menschheit

Auf archäologischer Spurensuche: Kurator Wazi Apoh erzählt vom deutsch-afrikanischen Projekt „Planet Africa“. 

Autorin Ana Maria MärzAna Maria März, 19.03.2025
Mitglied des Archäologieteams: Freda Nkirote M'Mbogori
Mitglied des Archäologieteams: Freda Nkirote M'Mbogori © Nationalmuseen Kenia (NMK)

Die Ausstellung „Planet Africa. Eine archäologische Zeitreise“ begibt sich auf die Spuren des Ursprungs der Menschheit. Die Schau ist auf zwei Kontinenten zu sehen und wird vom Auswärtigen Amt, der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und den Staatlichen Museen zu Berlin gefördert. Sie ist eine Kooperation zahlreicher deutscher und afrikanischer Forschender, unter anderem vom Deutschen Archäologischen Institut, der Universität zu Köln und der University of Ghana. Dort ist Wazi Apoh, einer der Kuratoren, Professor für Archäologie. 

Wazi Apoh
Wazi Apoh © Planet Africa

Herr Professor Apoh, was erwartet die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung „Planet Africa“?

In unserer Ausstellung nehmen wir die Besucherinnen und Besucher mit auf eine faszinierende Zeitreise, die vor vier Millionen Jahren beginnt. Wir beleuchten die Geschichte der Entwicklung der Menschen in Afrika und ihre Ausbreitung von dort aus in den Rest der Welt. Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass die Zivilisation in Afrika erst mit dem Eintreffen der Europäer begann. Ebenso falsch sind die gängigen Stereotype, die Afrika lediglich mit Hungersnöten, Kriegen und Krankheiten in Verbindung bringen. Vielmehr ist Afrika ein Kontinent von beeindruckender Vielfalt, bestehend aus 54 anerkannten Staaten, einer Vielzahl von Sprachen, unzähligen ethnischen Gruppen und einer reichen Geschichte kultureller Innovationen. „Planet Africa“ ist ein interkontinentales Projekt, das darauf abzielt, den Besucherinnen und Besuchern archäologisches Wissen zu vermitteln und sie über die menschliche und kulturelle Evolution in Afrika aufzuklären.

Wie gestalten Sie Ihre Themen für das Publikum lebendig und nachvollziehbar?

Wir verfolgen einen multidimensionalen Ansatz, der Texte mit kurzen Dokumentarfilmen, Fotografien, historischen Dokumenten und archäologischen Funden verknüpft. Diese Funde verraten zum Beispiel viel darüber, wie wir Menschen uns immer wieder an die Umwelt angepasst und trotz klimatischer Veränderungen überlebt haben. Zudem haben wir Künstlerinnen und Künstlern aus Afrika gebeten, Illustrationen zu erstellen, um komplexe Themen wie die Entwicklung von Stein- hin zu Metallwerkzeugen zu veranschaulichen.

Ausstellung „Planet Africa. Eine archäologische Zeitreise“
Ausstellung „Planet Africa. Eine archäologische Zeitreise“ © Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte/Christof Hannemann

Wo ist die Ausstellung zu sehen? Und welche Besonderheiten gibt es an den jeweiligen Standorten?

Die Ausstellung wird auf zwei Kontinenten gezeigt: Europa und Afrika. In Deutschland können Interessierte sie noch bis 27. April 2025 in der James-Simon-Galerie in Berlin besuchen. Ab Mitte Mai zieht sie weiter in die Archäologische Staatssammlung nach München. In Kenia ist die Ausstellung im Nairobi National Museum bis Ende Mai 2025 zu erleben. Zudem wird sie im Laufe des Jahres in drei weiteren afrikanischen Ländern gastieren: Ghana, Eswatini und Mosambik. Weitere Standorte sind bereits in Planung. Das Besondere ist: Die Ausstellung ist an den jeweiligen Orten unterschiedlich gestaltet. Ein zentrales Thema ist die Domestizierung von Tieren. Während in Berlin und München die Exponate aus den dortigen Museumssammlungen stammen, präsentieren wir in Ghana Tierüberreste, die direkt vor Ort ausgegraben wurden. In Ghana ist die Ausstellung im Archäologischen Museum meiner Universität in Accra zu sehen und richtet sich primär an Studierende. Sie erfahren über die Artefakte aus ihrer Umgebung etwas über ihre Wurzeln und die ghanaische Kultur. 

Wie wurden Sie Teil des Ausstellungsteams und welches Ziel verfolgen Sie mit Ihrem Engagement?

Seit etwa 20 Jahren erforsche ich die Archäologie des deutschen Kolonialismus in Togoland, das heute zum Teil in den Regionen Volta und Oti in Ghana und teilweise in der Republik Togo liegt. Mein Fokus liegt auf der Ausgrabung deutscher Kolonialstätten aus der Zeit zwischen 1880 und 1914 sowie älterer deutscher Missionsstätten. Ich habe stets betont, dass die deutsche Gesellschaft ihre koloniale Vergangenheit in Togoland weitgehend verdrängt hat. Das Deutsche Archäologische Institut, dessen korrespondierendes Mitglied ich bin, erkannte die Bedeutung dieser Thematik und suchte vor einiger Zeit gezielt den Austausch mit mir als Fachmann auf diesem Gebiet. Gemeinsam begannen wir, die architektonischen Überreste des deutschen Kolonialismus in Ghana zu erforschen. In unserem Volta-German Shared Colonial Heritage Project arbeiten wir nun gemeinsam daran. Die Ausstellung ist ein weiteres Ergebnis unserer Zusammenarbeit. Es war mir ein besonderes Anliegen, eine afrikanische Perspektive in die Diskussionen einzubringen und dadurch das Verständnis für diese historische Epoche zu vertiefen.

Welche Vorteile sehen Sie in einer deutsch-afrikanischen Zusammenarbeit in der Archäologie, insbesondere bei der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte?

Je mehr wir bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit zusammenarbeiten, desto besser. Denn es geht um unser gemeinsames Erbe. Die Kolonialgebäude wurden zum Beispiel nicht nur von Deutschen gebaut, sondern lokale Materialen, lokales Wissen und lokale Arbeit flossen ein. Wenn deutsche Forschende und Studierende sich intensiv mit dieser Architektur auseinandersetzen, gewinnen sie Einblicke in die Kultur der Menschen, mit denen ihre Vorfahren interagierten, und reflektieren gleichzeitig ihre eigene Geschichte. Diese kollaborative Forschung leistet einen wesentlichen Beitrag zu einem besseren Verständnis unserer multikulturellen Welt und fördert den interkulturellen Dialog.

Das DFG-Schwerpunktprogramm „Entangled Africa“

Grundlage der Ausstellung sind Forschungsergebnisse des DFG-Schwerpunktprogramms „Entangled Africa: Innerafrikanische Beziehungen zwischen Regenwald und Mittelmeer, ca. 6.000 – 500 Jahre vor heute“. Im Zentrum der deutsch-afrikanischen Forschungsarbeit stehen archäologische und umwelthistorische Untersuchungen, die Entwicklung und Verbreitung von Technologien und Objekten, die Verbindungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen sowie die menschliche Interaktion mit Afrikas Klimazonen und Naturräumen – stets aus afrikanischer Perspektive betrachtet.