Ärzte helfen Ärzten
Deutsch-syrische Klinikpartnerschaften leisten einen wichtigen Beitrag zum Wiederaufbau des Gesundheitssystems in Syrien.

„Die Lage in Syrien ist dramatisch“, sagt Dr. Somar Hasan, stellvertretender Klinikdirektor der Universitätsaugenklinik Mannheim: „Selbst in großen Krankenhäusern fehlen einfachste Dinge wie Kochsalzlösung, Kanülen, Nahtmaterial zur Wundversorgung oder Antibiotika.“ In mehr als einem Drittel der Krankenhäuser und in der Hälfte der medizinischen Gesundheitszentren in Syrien kann das klinische Personal nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg nicht mehr angemessen arbeiten oder es gibt sie gar nicht mehr. Denn zur Zeit des Assad-Regimes wurden Krankenhäuser in Rebellengebieten sogar gezielt bombardiert. Mehr als die Hälfte des medizinischen Personals hat das Land verlassen. 220 Millionen Euro an humanitärer Hilfe hat das Auswärtige Amt 2024 in allen Landesteilen Syriens bereitgestellt.
Quick facts
Know-how an syrische Ärzte weitergeben
Auf einer Konferenz im Februar 2025 in Berlin tauschten sich rund 300 Teilnehmende über den Bedarf in Syrien und erste Projektideen für deutsch-syrische Klinikpartnerschaften aus, unter ihnen auch Somar Hasan. Der Augenarzt, der 2010 zur Facharztausbildung nach Deutschland kam, ist Vizepräsident der Syrischen Gesellschaft für Ärzte und Apotheker in Deutschland (SyGAAD). „Wir sind sehr motiviert, die Kolleginnen und Kollegen in Syrien zu unterstützen, und möchten das Know-how, das wir hier erworben haben, an sie weitergeben“, sagt er. In Deutschland arbeiten fast 6.000 Ärztinnen und Ärzte mit syrischem Pass. Viele haben sich beim Entwicklungsministerium gemeldet, weil sie helfen wollen. „Unsere Mitglieder sprechen beide Sprachen und haben viele Kontakte zu syrischen Krankenhäusern, so dass wir relativ schnell Projekte auf die Beine stellen können“, sagt Hasan. Hilfe sei nicht nur in den großen Städten notwendig, sondern auch und gerade in ländlichen Regionen, wo die Versorgung noch schlechter sei: „Es ist wichtig, an mehreren Stellen parallel anzufangen und jetzt auch schon größere Projekte auf den Weg zu bringen, um die Situation wirksam und nachhaltig zu verbessern.”

Dr. Firas Alassil, niedergelassener Orthopäde und Unfallchirurg in Dortmund, ist gerade von einer Reise nach Syrien zurückgekehrt, wo er mehrere Krankenhäuser besucht und mit dem Gesundheitsminister der Übergangsregierung in Damaskus gesprochen hat. Mit dem Verband Deutsch-Syrischer Hilfsvereine (VDSH) will Alassil im Rahmen einer Klinikpartnerschaft dabei helfen, in seiner Geburtsstadt Abu Kamal an der syrisch-irakischen Grenze wieder eine medizinische Basisversorgung zu schaffen. Beide Krankenhäuser und das medizinische Gesundheitszentrum der Stadt wurden im Bürgerkrieg zerstört oder geplündert. Ziel sei, zunächst Notfallversorgung und Geburtshilfe wieder aufzubauen, sagt Firas Alassil: „Wir wollen Fortbildungen für Hebammen und Pflegepersonal anbieten und ein Qualitätsmanagementsystem einführen.“ Der Mediziner hofft, dass das Projekt schon im Mai starten kann.

Engagement für Syrien aus Deutschland
Deutschland könne viel zum gesellschaftlichen Neuanfang in Syrien beitragen, erklärte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze im Januar. Das sei auch dem „Erfahrungsschatz“ der syrischen Ärztinnen und Ärzte zu verdanken, die sich für ihre alte Heimat engagieren möchten. Deutschland habe ein Interesse, diese Menschen zu halten, weil sie im deutschen Gesundheitssystem gebraucht würden: „Entscheidend ist letztlich, was die Fachkräfte selber für ihr Leben wollen. Wir wollen mit dem Aufbau der deutsch-syrischen Klinikpartnerschaften ermöglichen, dass beides geht: sich von Deutschland aus für Syrien engagieren.“
Gezielte Unterstützung für den Wiederaufbau Syriens
Nach dem Machtwechsel in Damaskus im Dezember 2024 erklärte die Bundesregierung ihre Bereitschaft, über Soforthilfe hinaus zum Wiederaufbau beizutragen, um die Entwicklung hin zu einem stabilen und friedlichen Syrien zu unterstützen. Bei der humanitären Hilfe für Syrien zählt Deutschland seit langem zu den wichtigsten Geberländern. So stellte das Auswärtige Amt dafür 2024 bis zu 220 Millionen Euro bereit. Für 2025 stehen in Zusammenarbeit mit dem UN-Welternährungsprogramm, dem UN-Flüchtlingshilfswerk und verschiedenen NGOs rund 57 Millionen Euro für Essen, Wasserversorgung, Notunterkünfte und medizinische Versorgung zur Verfügung.
Deutsch-Syrische Klinikpartnerschaften
Deutsch-syrische Klinikpartnerschaften bringen den nachhaltigen Wiederaufbau der medizinischen Versorgung in Syrien voran. Die Bundesregierung stellt 15 Millionen Euro bereit, um in den nächsten drei Jahren deutsche Krankenhäuser, NGOs und Vereine bei der Zusammenarbeit mit syrischen Partnereinrichtungen zu unterstützen. Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland geben ihr Wissen in Fortbildungen weiter, um den Mangel an medizinischen Fachkräften in Syrien zu verringern. Zudem können Mittel in die Anschaffung medizinischer Geräte fließen. Das Programm „Klinikpartnerschaften – Partner stärken Gesundheit“ fördert weltweit langfristige Kooperationen zwischen deutschen Gesundheitsorganisationen und öffentlichen Gesundheitseinrichtungen in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen. Finanziert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Else Kröner-Fresenius-Stiftung, setzt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) das Programm um.