„Die Ergebnisse von Forschung müssen in die Anwendung kommen“
Wie fördert Deutschland den Transfer von Wissenschaft in die Praxis? Ein Gespräch mit Mario Brandenburg, Staatsekretär im Bundesforschungsministerium.

Herr Staatssekretär Brandenburg, was unternimmt Deutschland, um den Transfer von Wissenschaft in die Praxis zu fördern?
Forschung und Entwicklung (FuE) sind zentral für unseren Wohlstand und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Deshalb halten wir auch an unserem ambitionierten Ziel fest, den Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt bis 2025 auf 3,5 Prozent steigern zu wollen. Mit einer FuE-Quote von 3,13 Prozent im Jahr 2022 gehört Deutschland in Europa bereits zu den Ländern mit den höchsten FuE-Ausgaben. Und wir machen weiter, denn die Ergebnisse von Forschung und Wissenschaft müssen auch in die Anwendung kommen und in der Gesellschaft und der Wirtschaft ihre Wirkung entfalten. Es gilt daher, den Transfer von Forschungsergebnissen in die Anwendung noch konsequenter voranzubringen. Deshalb ist der Transfer auch eine zentrale Querschnittsaufgabe der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation. Das Ziel: Eine neue Transfer- und Gründungskultur zu schaffen. Mit DATIpilot und der DATI gehen wir einen großen Schritt in die richtige Richtung.
Was sind die wichtigsten Ziele der Agentur für Transfer und Innovation (DATI)?
Die DATI soll die Ergebnisse anwendungsorientierter Forschung aus deutschen Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen schnell und wirkungsvoll in die Anwendung bringen sowie die Transferkultur bundesweit stärken. Sie soll dafür bedarfsgerechte Förderangebote und weitere transferunterstützende Angebote entwickeln – zum Beispiel, indem sie Transferakteure informiert, berät und sie gezielt miteinander vernetzt. Dabei soll die DATI einen möglichst offenen Ansatz verfolgen, der alle bundesweiten Transfer- und Innovationsakteure einbezieht und neben technologischen auch Soziale Innovationen berücksichtigt. Dabei wird sie auch eng mit den bestehenden Strukturen des Transfer- und Innovationssystems zusammenarbeiten, um sich in das existierende Transfer-Ökosystem einzubetten. Insgesamt soll die DATI maßgeblich zur Lösung wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Probleme in Deutschland beitragen.
Welche Erfolgsbeispiele gibt es bereits im Bereich des Wissenstransfers?
Es gibt viele Beispiele für erfolgreichen Transfer in Deutschland. Den Bedarf für Transferförderung zeigt auch die Förderrichtlinie DATIpilot, mit der wir eine enorme Nachfrage in der gesamten Wissens-, Technologietransfer- und Innovationsgemeinschaft in Deutschland erzeugt haben. Wir haben fast 3.000 Skizzen für Innovationssprints, also Fast-Track-Transferprojekte, und fast 500 Konzepte für Innovationscommunities erhalten. DATI wird auf dieser Dynamik aufbauen. Ein Beispiel für gelungenen Transfer ist die erfolgreiche Entwicklung eines mRNA-Impfstoffes während der COVID-19-Pandemie. Die Firma Biontech, die mit der Entwicklung ihres Corona-Impfstoffs weltweit Menschen die Rückkehr in ein normales Leben ermöglicht hat, hat sich vom einstigen Preisträger der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierten „Gründungsoffensive Biotechnologie“ (GO-Bio) zu einem der größten Biotechnologie-Unternehmen in Deutschland entwickelt.
Wie können Startups und Innovationen durch den Wissenstransfer unterstützt werden, um das Innovationspotenzial in Deutschland zu stärken?
Zur Stärkung des Startup-Ökosystems hat die Bundesregierung erstmalig eine umfassende Startup-Strategie beschlossen. Ein Fokus der Strategie sind innovative Gründungen und insbesondere Ausgründungen aus unserem Wissenschaftssystem. Häufig stehen diese vor besonderen Herausforderungen, wie bei der Übertragung von IP-Rechten aus den Wissenschaftseinrichtungen. Hier wollen wir gezielt unterstützen. Im BMBF-geförderten Pilotprojekt „IP-Transfer 3.0“ der Bundesagentur für Sprunginnovationen, der SPRIND GmbH, entwickeln und implementieren wissenschaftliche Einrichtungen neue Modelle für einen effizienteren IP-Transfer und probieren bisher selten oder noch nicht verwendete Ansätze aus, beispielsweise das Modell der Virtuellen Beteiligung.
Wie wichtig ist internationale Zusammenarbeit für Wissenstransfer?
Wir stehen vor großen globalen Herausforderungen. Um diese aktiv mitzugestalten und technologische Souveränität zu erhalten und auszubauen, ist es für uns essenziell, in die weltweiten Wissensströme und Innovationsprozesse eingebunden zu sein. Deutschland unterhält eine Vielzahl erfolgreicher Wissenschafts- und Forschungskooperationen mit Ländern in der EU und weltweit. Wir wollen dadurch die Innovationsfähigkeit Deutschlands und Europas sichern und steigern. Zugleich müssen wir bei sensiblen Technologien das Risiko des unerwünschten Technologieabflusses reduzieren.