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„Klare Kante zeigen“

Nach dem Anschlag von Hanau fordern Zivilgesellschaft und Wissenschaft, entschieden gegen Rechtsextremismus vorzugehen.

24.02.2020
Blumen und Kerzen am Marktplatz in Hanau
Blumen und Kerzen am Marktplatz in Hanau © privat

Mit großer Anteilnahme und Betroffenheit reagierten Politik und Gesellschaft in Deutschland auf den rechtsextremen Mordanschlag in Hanau. Am vergangenen Donnerstag hat ein 43-jähriger Deutscher in Hanau neun Menschen erschossen. Danach tötete der Sportschütze auch seine 72 Jahre alte Mutter und sich selbst. Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der mutmaßliche Täter eine rassistische Gesinnung und war psychisch krank. Zehntausend Menschen nahmen am Sonntag in Hanau an einem Trauerzug teil und setzten ein Zeichen für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit. In Rundfunk und Presse, in den sozialen Medien, überall wird in Deutschland derzeit diskutiert, wie die Gesellschaft mit Rassismus umgehen soll. Viele in Zivilgesellschaft und Wissenschaft fordern zugleich ein entschiedenes Vorgehen gegen Rechtsextremismus. Einige der wichtigsten Stimmen:

Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie sagte dem „Migazin“: „Zur wehrhaften Demokratie fehlt die entschiedene Reaktion des Staates und der Gerichte auf Gewaltandrohung und -taten. (…) Es reicht nicht, die Zivilgesellschaft anzusprechen und aufzufordern, für den Zusammenhalt einzustehen. Björn Höcke von der AfD beschimpft genau diese Zivilgesellschaft als „Sumpf“, den es auszutrocknen gelte. Das ist eine Gewaltandrohung, nichts anderes. Die Sicherheitsorgane müssen klare Kante zeigen und das Gewaltmonopol durchsetzen.“

Sebastian Fiedler vom Bund deutscher Kriminalbeamter sprach im Deutschlandfunk über die Zusammenhänge: „Vor allen Dingen, glaube ich, müssen wir darauf hinweisen, dass hier die Aufgaben, die vor uns liegen, nicht nur alleine Aufgaben der Sicherheitsbehörden sind, sondern es geht nun weit darüber hinaus. Es reicht von der Hasskriminalität, es geht über die Diskussion der Strategie der AfD, die sie verfolgt, es müssen Zusammenhänge diskutiert werden, was das eine mit dem anderen zu tun hat, und die Sicherheitsbehörden müssen in die Lage versetzt werden, damit umzugehen. Aber nur eines der Segmente herauszugreifen würde viel zu kurz gesprungen sein.“

Es besteht eine ungeheure politische Verantwortung
Extremismusforscher Hajo Funke

Der Soziologe Sebastian Wehrhahn benannte in der „taz“ die Komplexität der Herausforderung: „Die Hypothese des Einzeltäters ist politisch falsch und auch unter Ermittlungsgesichtspunkten kontraproduktiv. Diese Perspektive blendet Hintergründe, Täter und Mitwisser aus. Sie versagt davor, Strukturen dauerhaft unschädlich zu machen und entlässt politisch Verantwortliche aus ihrer Verantwortung. Im Hinblick auf die politische Bearbeitung scheint mir wichtig, dass die Verharmlosung des rechten Terrors nicht zu trennen ist von der extremismustheoretischen Gleichsetzung von links und rechts.“

Der Extremismusforscher Hajo Funke interpretiert in der Berliner Zeitung das Merkel-Zitat „Rassismus ist Gift“: „Ich verstehe den Satz so: Da, wo in der Öffentlichkeit durch politische Parteien Rassismus und Ressentiments entfesselt werden, ändert sich die Atmosphäre des Miteinander und wird vergiftet. Deshalb besteht eine ungeheure politische Verantwortung. Mit dieser Äußerung kann man sehr viel anfangen.“

Die Journalistin Karolin Schwarz, die gerade das Buch „Hasskrieger. Der neue globale Rechtsextremismus“ veröffentlicht hat, sagte dem Sender „rbb“ auf die Frage, ob der Anschlag in Hanau dazu führende könnte, dass wir in Zukunft sensibler werden für verschiedene Formen des Rechtextremismus: „Ich hoffe es. Aber das muss auch in der gesamten Gesellschaft begriffen werden. Das war kein Anschlag auf Fremde. Das war ein Anschlag auf unsere Nachbarn, Freunde und Verwandte – Menschen um uns herum.“

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