Africa GreenTec: Die Lichtbringer
Solarenergie für entlegene Regionen in Afrika: Aida und Torsten Schreiber bringen mit Africa GreenTec grünen Strom in Dörfer des sonnenreichen Kontinents.
Sie wollen einen Beitrag zur Energiewende leisten, um der Klimakrise entgegenzutreten: Wir stellen Menschen vor, die mit ihren Ideen und ihrem Engagement den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland und weltweit vorantreiben.
Torsten Schreiber erinnert sich noch gut an den Tag, der sein Leben veränderte. Im Jahr 2014 besuchte er gemeinsam mit seiner Ehefrau Aida das größte Dieselkraftwerk Malis. Unterwegs waren die beiden dort für eine von Schreiber mitgegründete grüne Crowd-Investing-Plattform. Das Dieselkraftwerk bebte und dröhnte, Öl spritzte in alle Richtungen. Vor allem war die Anlage nicht besonders effizient, erinnert sich Schreiber. „170.000 Liter Diesel hat sie verschlungen – am Tag.“ Der Besuch in dem Kraftwerk war für ihn ein Schlüsselerlebnis. An diesem Tag vor beinahe zehn Jahren beschloss Torsten Schreiber, etwas zu tun.
Ob großes Kraftwerk oder kleiner Generator: Strom, der mit Hilfe von Diesel entsteht, ist weltweit für große Mengen Treibhausgase verantwortlich, schadet also der Umwelt und der Gesundheit der Menschen. In vielen ländlichen Regionen Afrikas übernehmen Dieselgeneratoren die ländliche Stromversorgung. Und in manchen Gegenden gibt es überhaupt keine Elektrizität. Rund 600 Millionen Menschen in Afrika – das ist fast die Hälfte der Bevölkerung des Kontinents – leben laut den Vereinten Nationen ohne Stromversorgung.
Africa GreenTec schafft digitale Stromnetze für afrikanische Dörfer
Schreiber wollte das ändern – und die Energiewende in Afrika vorantreiben. „Wir müssen die hohe Technologie, die wir in Deutschland und Europa mit Solarenergie, Biomasse und Biogas haben, nach Afrika bringen und den Menschen helfen, indem wir in ihre Wirtschaft investieren. Dann haben wir eine Chance, die globalen Emissionen nicht bloß zu halten, sondern langfristig vielleicht sogar zu senken. Das geht nur im Zusammenspiel zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden“, erläutert Schreiber.
„Solartainer“ heißt die Entwicklung von Torsten Schreiber und seiner Frau Aida
Gemeinsam mit seiner in Mali geborenen Frau Aida hatte er die Idee, Solarkraftwerke in entlegene Dörfer der Sahelzone zu bringen. „Solartainer“ nennen sich die von ihnen entwickelten Anlagen. In nur 48 Stunden können sie aufgebaut werden und versorgen dann ganze Dörfer mit sauberem Strom. Für die Bewohnerinnen und Bewohner bedeutet das eine große Veränderung. Sie erhalten – manchmal zum ersten Mal in ihrem Leben – zuverlässige Lichtquellen, Zugang zu sauberem Trinkwasser, können ihre Felder bewässern, ihre Ernte kühlen und das Internet nutzen. Die „Solartainer“ schaffen eine moderne Infrastruktur zur Stromversorgung: Über ein digitales Stromnetz mit Smart-Meter-Technologie wird die erzeugte Elektrizität im Dorf intelligent verteilt, gesteuert, überwacht und abgerechnet.
Neue Verdienstmöglichkeiten durch das Solarkraftwerk
Nicht nur das Leben von Torsten und Aida Schreiber hat sich mit der Gründung ihres Solarunternehmens Africa GreenTec grundlegend gewandelt. Die Möglichkeit, entlegene Gebiete mit sauberem Strom zu versorgen, eröffnet vielen Menschen neue Perspektiven. Zu ihnen gehört Diessira Diallo, Kioskbesitzerin im malischen Ort Djioloba. „In der Regen- und Erntezeit habe ich tagsüber kaum Kunden. Durch Strom und Licht kann ich mein Geschäft auch abends öffnen“, sagt sie. Mit Hilfe von Africa GreenTec hat sie sich auch einen Kühlschrank gekauft – ihre Lebensmittel sind nun länger haltbar. „Mein Laden ist zu einem Treffpunkt für das Dorf geworden und mein Einkommen hat sich vervielfacht! So ernähre ich mehr als 60 Menschen in meiner Familie“, sagt sie.
Aida Schreiber findet die Unterstützung der Dorfbewohnerinnen besonders wichtig: „Die meisten unserer Kunden sind Frauen. Wir begleiten sie über einen langen Zeitraum hinweg und stellen immer wieder fest, welch große Veränderung wir mit wenigen Mitteln bewirken und wie schnell zum Beispiel in der Bildung Fortschritte möglich sind. Das macht mich besonders glücklich“, sagt sie.
Africa GreenTec setzt auf Crowdfunding
Doch wie funktionieren die Idee und das Geschäftsmodell von Africa GreenTec? Das Unternehmen verkauft seine etwa 150.000 Euro teuren Solartainer und den damit erzeugten Strom an eine Dorfgemeinschaft. Wo noch die Kaufkraft fehlt, gründet AGT eine lokale Betriebsgesellschaft, die die Anschaffung vorfinanziert und den Strom weiterverkauft. Einen Teil seiner Finanzierung stellt das Unternehmen durch Crowdfunding sicher, an dem sich jeder beteiligen kann. Aufgebaut wird das Produkt von Mitarbeitenden des Unternehmens, die zum Großteil in den Ländern leben, in denen Africa GreenTec aktiv ist. Neben Mali sind das derzeit Madagaskar, Niger, Tschad und Senegal. Und in den elektrifizierten Dörfern entstehen neue Arbeitsplätze für Menschen, die sich um die Anlagen des deutsch-afrikanischen Sozialunternehmens kümmern.
Sauberer Strom für drei Millionen Menschen durch Mini-Solarkraftwerke
Seit seiner Gründung hat Africa GreenTec mehr als 20 Dörfer elektrifiziert, mehr als 60.000 Menschen Zugang zu sauberem, zuverlässigem und vergleichsweise günstigem Strom ermöglicht, knapp 4.000 Tonnen Kohlendioxid vermieden und fast 1.000 Kleinunternehmerinnen und -unternehmer gefördert. Mittelfristiges Ziel von Torsten und Aida Schreiber ist es, drei Millionen Menschen in Afrika mit Strom zu versorgen und ihnen und der lokalen Wirtschaft neue Perspektiven zu eröffnen.
Energiewende in Afrika vorantreiben
In Zukunft sollen auch die Produktion und Administration nach Afrika verlagert werden. Dafür baut AGT einen neuen klimaneutralen Standort in Senegals Hauptstadt Dakar. Torsten Schreiber betont, wie wichtig eine Zusammenarbeit über die kontinentalen Grenzen hinweg ist und wie sehr seine Frau und er persönlich dafür einstehen: „Um die globale Energiewende voranzubringen, brauchen wir vor allem Verständnis für die unterschiedlichen Kulturen und für die Situationen, in denen die einzelnen Regionen sind. Länder im globalen Süden haben ganz andere Bedürfnisse als Länder, die in der Entwicklung schon weiter sind. Nur mit Verständnis, Respekt und Mut, die Dinge wirklich zu ändern, wird die globale Energiewende gelingen.“