Mehr Vielfalt in der Startup-Szene
Afrodeutsche Startups haben verschiedene Geschichten und Hintergründe. Das macht sie besonders spannend. Wir stellen drei interessante Ideen vor.
Sie leisten Pionierarbeit auf dem Gebiet des Recyclings: Das Team des jungen deutschen Unternehmens Oheemaa Green Housing hat einen Weg gefunden, Plastikmüll in preisgünstiges Baumaterial zu verwandeln. Aus vorwiegend lokalen recycelten Kunststoffabfällen in afrikanischen Ländern stellt das Unternehmen Bausteine her und baut damit Tiny Houses. So soll bezahlbarer Wohnraum entstehen. Geschäftsführerin Augustina Busiah, die in Ghana aufwuchs, und ihre frisch gegründete Firma widmen sich damit gleichzeitig zwei großen Problemen in Afrika: den großen Mengen an Kunststoffabfällen, die Risiken sowohl für Ökosysteme als auch für die Gesundheit der Menschen bedeuten, und der extremen Knappheit auf dem Wohnungsmarkt.
Wettbewerb für afrodeutsche Startups
Ein Projekt für den so bezahlbaren Wohnraum in Ghana läuft bereits, aber prinzipiell kann das Geschäftsmodell überall auf der Welt umgesetzt werden. Die Idee wurde sogar beim ersten afrodeutschen Startup Pitch AiDiA prämiert. „AiDiA“ steht für eine Kombination aus dem Begriff „AfroDiAspora“ und dem englischen Wort „idea“. Initiiert wurde der Wettbewerb von dem Verein Future of Ghana Germany. Die Idee von Oheema Green Housing begeisterte die AiDiA -Jury – Augustina Busiah und ihr Team belegten den ersten Platz und gewannen ein Preisgeld in Höhe von 30.000 Euro.
Ebenfalls im Finale des Wettbewerbs, der speziell die Situation von Schwarzen Gründerinnen und Gründern in Deutschland verbessern und den Weg zu Netzwerken und Geldgebern ebnen soll, stand Afi Kreyling, die im Grundschulalter von Togo nach Deutschland zog. Mit der Firma Miniglotte möchte sie eines Tages ihre „Lernboxen“ vertreiben. Die Inhalte sollen eingewanderte Eltern dazu ermutigen, ihre Kinder mehrsprachig zu erziehen. „Die Box erspart Arbeit und nimmt die Angst, seinem Nachwuchs die Muttersprache und die Kultur der Heimat zu vermitteln“, erklärt Kreyling. Mit im Paket sind von Expertinnen und Experten ausgewählte Bücher in der gewünschten Sprache, ein Sprachtagebuch mit Vermerken, was man sich vorgenommen und dann tatsächlich umgesetzt hat und Coaching-Karten. „Sie geben Tipps um spezielle, vielleicht problematische Situationen aufzulösen. Beispielsweise, wenn man mit seinen Kindern in der Muttersprache spricht und andere denken könnten, es würde über sie gesprochen“, sagt Kreyling
Lernbox für mehrsprachige Kleinkinder
Die 33-jährige Gründerin ist Gymnasiallehrerin für die Fächer Französisch und Spanisch. Nach ihrem Studium absolvierte sie noch eine Ausbildung zur Logopädin. Als Kind hat sie die Startschwierigkeiten ihrer Eltern mitbekommen, heute ist sie selbst Mutter von zwei Kleinkindern, die zweisprachig aufwachsen. „Mein Mann ist Deutscher, unsere Familiensprache ist daher Deutsch.“ Ihre zweijährige Tochter geht in eine deutsch-französische Kita. „Sie spielt manchmal in der einen, manchmal in der anderen Sprache“, berichtet Kreyling.
Ihre Erfahrungen hat sie in ihr Geschäftsmodell einfließen lassen. Prämiert wurde Miniglotte zwar nicht, der Freude über die Teilnahme am Finale des Pitches, in das es von 60 Bewerberinnen und Bewerbern lediglich fünf schafften, tat das keinen Abbruch. „Ich fühle mich wahnsinnig geehrt. Es war ein Sehen und Gesehenwerden. Der Austausch mit den anderen Teilnehmenden war für mich nicht nur als Gründerin unheimlich motivierend und wichtig, sondern auch als Frau, Mutter und Schwarze Person.“ Jetzt möchte Afi Kreyling ihre „Lernboxen“ – geeignet für Kinder von der Geburt an bis zum dritten Lebensjahr – nach der Testphase in diesem Jahr dann 2023 auf den Markt bringen.
Mehr Vielfalt im Kinderzimmer
Welches Potenzial und welche Kreativität sich dem Markt durch die Sichtbarkeit der Schwarzen Startup-Community erschließen kann, wurde auch durch das deutsche Startup Tebalou deutlich, einem Online-Spielzeughandel. Das 2018 von den beiden Gründerinnen Tebogo Nimindé-Dundadenger und Olalou Fajembola an den Start gebrachte Portal führt mehr als 1.000 Artikel, von der Baby-Rassel bis zum Buch für Teenager. Auf ihrer Startseite haben die beiden Frauen formuliert: „Unser Traum ist, dass jedes Kind, unabhängig von Hautfarbe, Konfession, Familienkonstellation, Körperbau, Vorlieben, Wünschen und Träumen sich selbst erkennen kann und positive Bilder findet, in denen es sich spiegeln kann.“ Bilderbücher zeigten zum Beispiel häufig intakte Familien mit einem alleinstehenden Haus. „Aber Eltern trennen sich, und Kinder wachsen doch eher in kleineren Wohnungen auf“, erläutert Fajembola, die in Deutschland geboren wurde und deren Mutter in Nigeria aufwuchs. Die gesellschaftliche Vielfalt findet sich auch in der unterschiedlichen ethnischen Darstellung von Puppen und Gesellschaftsspielen wieder, „und wieso sollten die weißen Könige im klassischen Skatblatt nicht durch schwarze Königinnen ersetzt werden?“
Verlässliche Daten über afrodeutsche Gründerinnen und Gründer in Deutschland lassen sich kaum finden. Aber der AiDiA-Pitch verhilft ihnen zu mehr Sichtbarkeit sowie Vernetzung – und gibt ein wenig finanzielle Unterstützung.