Was wir von den Niederlanden lernen können
Homeoffice ist ein flexibles und produktives Konzept für Angestellte und Firmen.
Seit der Geburt ihres zweiten Kindes arbeitet Daphne van Rooijen nicht nur Teilzeit, sondern alle zwei Wochen einen Tag zuhause. „Einfach ideal“, findet die 36-jährige Niederländerin, die in Den Haag 28 Stunden pro Woche als Sozialarbeiterin mit schwer erziehbaren Kindern arbeitet. Wann sie zuhause die Verwaltungsarbeit macht, kann Daphne selbst entscheiden. „Manchmal erst am Abend, wenn ich ungestört bin.“ Wenn sie will, kann sie die acht Stunden auch über mehrere Abende verteilen. „Auch viele meiner Freunde arbeiten stunden- oder tageweise von zuhause aus.“ Mehr als Handy und Laptop brauchen sie für ihr Home-Office nicht. „Den Vorgesetzten geht es um das Ergebnis“, betont Daphne: „Hauptsache, ich erledige alles pünktlich und wie abgesprochen. Hauptsache, ich bin erreichbar. So entsteht Vertrauen.“
Seit 2015 haben die Niederländer ein weitgehendes Recht auf Home office – vorausgesetzt, sie sind länger als 26 Wochen im Dienst und das Unternehmen hat mehr als zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die Zahl der Heimarbeiter liegt inzwischen bei 37 Prozent (2019). Zu verdanken haben sie das neue Recht den Grünen, die dem „Anwesenheitswahn am Arbeitsplatz“ den Kampf ansagen wollten. Die grüne Abgeordnete Linda Voortman sagt: „Glückliche Arbeitnehmer machen auch ihre Arbeitgeber glücklich.“ Die allerdings können nicht gezwungen werden, ihre Mitarbeiter von zuhause aus arbeiten zu lassen. Aber sie müssen triftige Gründe haben, um es abzulehnen. Kann keine Einigung erzielt werden, entscheidet der Richter.
Viele Firmen fürchteten zunächst, ihre Angestellten könnten die Arbeitszeit für andere Dinge nutzen. Eine unbegründete Sorge, sagt Nick van der Meulen von der Rotterdam School of Management. Im Rahmen seiner Doktorarbeit über flexibles Arbeiten hat er eine erste repräsentative Umfrage durchgeführt. Ergebnis: Heimarbeit führt nicht zu weniger Produktivität – im Gegenteil: „Ein Arbeitnehmer kann sogar produktiver sein, wenn er zuhause arbeitet.“ Man sollte allerdings nicht länger als drei Tage zuhause arbeiten, sonst leide der Kontakt zur Firma und den Kollegen. Weitere wichtige Voraussetzung: Der Chef oder die Chefin müssten loslassen und ihren Angestellten vertrauen.
Daphne van Rooijen kann das nur bestätigen: „Das Modell, dass wir alle zusammen morgens im Stau stehen, um gleichzeitig im Büro anzukommen, ist überholt. Es passt nicht mehr in diese Zeit.“
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