Das ABC des deutschen Mediensystems
Warum Medien in Deutschland als „vierte Gewalt“ gelten, was der Pressekodex bedeutet und wie Pressefreiheit gesichert wird.
Die deutsche Medienlandschaft ist vielfältig und unabhängig vom Staat. Informationen zum Tagesgeschehen sind jederzeit via Radio, Fernsehen, Printmedien oder in Online-Nachrichtenportalen verfügbar.
Medien sind die „vierte Gewalt“
Die Bedeutung von Journalistinnen, Journalisten und Redaktionen ist so groß, dass viele sie als „vierte Gewalt“ in der demokratischen Gesellschaft neben Regierung, Parlament und Rechtsprechung bezeichnen. Die Presse ist frei, von der Verfassung geschützt und hat eine Kontrollfunktion gegenüber Staat, Gesellschaft – aber auch sich selbst.
Öffentlich-rechtliche und private Sender
Um zu wissen, was in ihrer näheren Umgebung passiert, abonnieren viele Menschen in Deutschland eine Lokalzeitung – sie berichtet über die Politik und Wirtschaft in ihrer Stadt und Region, aber auch über Bauprojekte, Unfälle und Veranstaltungen, Sport und das gesellschaftliche Leben. Überregionale Tageszeitungen wie die „Süddeutsche Zeitung“, die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ oder die „Welt“ liefern zudem Hintergrundwissen und investigative Recherchen zu bundesweiten oder internationalen Themen und Ereignissen, die oft auch von eigenen Büros in den Bundesländern, der Hauptstadt Berlin oder im Ausland verfasst werden. Sie genießen traditionell ein hohes Ansehen.
Die neun Landesrundfunkanstalten, wie die regionalen Radio- und Fernsehsender der Bundesländer genannt werden, sind öffentlich-rechtlich organisiert. Sie finanzieren sich im Wesentlichen aus einem Beitrag, den alle Haushalte in Deutschland zahlen müssen. Hinzu kommen Werbeeinnahmen, die aber Einschränkungen unterliegen. Die TV-Sender dürfen nur 20 Minuten täglich Werbung ausstrahlen. Nach 20 Uhr sowie Sonntags und Feiertags dürfen sie gar keine Werbung senden. Dafür liefern die Sender eine Grundversorgung – neben Nachrichtensendungen und Dokumentationen gehören dazu auch Sportübertragungen, Quizshows, Filme und Serien. Auch die Sender ZDF und Deutschlandradio sind öffentlich-rechtlich. Das gilt auch für Deutsche Welle (DW), die in vielen Sprachen sendet und nur im Ausland zu empfangen ist, .
Privatsender wie n-tv, Pro Sieben/Sat 1 und RTL und kommerzielle Radiostationen wie Radio FFH, Energy oder Klassik Radio finanzieren ihr Programm hingegen ausschließlich durch Werbung. Die TV-Sender dürfen zwölf Minuten pro Stunde Werbung ausstrahlen, die Radiosender unterliegen keinen Einschränkungen.
Junge Mediennutzer informieren sich überwiegend digital über Artikel, Videos und Podcast auf den Internetportalen und Mediatheken, die fast jedes Nachrichtenmedium in Deutschland betreibt.
Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit
Dass es so viele unterschiedliche Nachrichtenmedien in Deutschland gibt, liegt auch an der verfassungsrechtlich garantierten Meinungs- und Pressefreiheit der Bundesrepublik. Im Artikel 5 des Grundgesetzes heißt es: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. (…) Eine Zensur findet nicht statt.”
Wer als Journalist arbeiten darf
Die Berufsbezeichnung „Journalist“ ist nicht geschützt – jede und jeder darf sich so nennen und kann als Journalistin oder Journalist arbeiten. Wer belegen kann, als Journalist zu arbeiten, hat einen rechtlichen Anspruch auf Auskunft bei staatlichen Behörden, ist teilweise vom strengen Datenschutzgesetz ausgenommen und darf nicht gezwungen werden, seine Quellen und Informanten preiszugeben (Zeugnisverweigerungsrecht). Als Nachweis gilt ein Presseausweis, der bei Erfüllung der Kriterien von Berufsverbänden, Gewerkschaft oder Arbeitgeberverband ausgestellt wird.
Dennoch erfüllen die mehr als 100.000 deutschen Journalisten ähnliche Voraussetzungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit. Die meisten haben ein Hochschulstudium und/oder eine mehrjährige Ausbildung an einer Journalistenschule oder in einer Redaktion, ein sogenanntes Volontariat, absolviert. Für ihre Arbeit gilt das Pressegesetz ihres jeweiligen Bundeslandes.
Für Journalisten gilt der Pressekodex
Die journalistische Sorgfaltspflicht schreibt vor, dass Journalistinnen und Journalisten die Quelle und den Inhalt einer Nachricht vor dem Veröffentlichen genau prüfen müssen. Können sie etwas nicht beweisen oder geben nur Gerüchte wieder, müssen sie das im Beitrag deutlich kennzeichnen. Außerdem darf die Berichterstattung nicht mit Werbung vermischt werden. Werbliche Inhalte müssen immer klar ausgewiesen und von journalistischen Inhalten getrennt werden. Haben sie eine Person oder einen Sachverhalt falsch dargestellt, sind sie verpflichtet, an gleicher Position eine Gegendarstellung zu veröffentlichen. Außerdem können sie für ihre Publikationen juristisch zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie grob fahrlässig oder sogar böswillig falsche Tatsachenbehauptungen aufstellen.
Journalistinnen und Journalisten selbst haben sich mit dem Pressekodex Regeln für ihre Arbeit gegeben. Darin verpflichten sie sich unter anderem, keine Vergünstigungen anzunehmen, die ihre Unabhängigkeit gefährden. Bei der Berichterstattung sollen sie die Privatsphäre und den Schutz der Ehre einer Person gegen das Recht der Öffentlichkeit auf Information abwägen. Sie sollen sich nicht von Sensationslust leiten lassen und niemanden diskriminieren oder beleidigen.
Die Kontrolleure: Presse- und Rundfunkrat
Ob diese Prinzipien eingehalten werden, überwachen der Presserat und der Rundfunkrat. Beim Presserat können sich alle Bürger beschweren, wenn sie in einer Publikation Verstöße gegen den Pressekodex sehen. Das Gremium prüft dann die Beschwerde. Bei Verstößen schickt es der betroffenen Redaktion einen Hinweis oder eine Missbilligung oder spricht eine öffentliche Rüge aus, die die gerügte Redaktion veröffentlichen soll.
Der Rundfunkrat überwacht, ob die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiosender ihren gesetzlichen Sendeauftrag erfüllen – das heißt, ob sie mit ihrem Programmangebot zur Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung und zur Sicherheit der Meinungsvielfalt in Deutschland beitragen. Der Rundfunkrat soll einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden: Gesellschaftliche Organisationen wie Gewerkschaften, Kirchen und Parteien stellen Mitglieder.
Das Recht auf Gegendarstellung
Jede Person, Organisation oder Firma hat in Deutschland das Recht auf eine Gegendarstellung, wenn sie sich als Betroffene in einem Bericht nicht korrekt dargestellt fühlt. Wenn sie bestimmte rechtliche Vorgaben erfüllt, kann sie ihre Sicht des Sachverhalts im selben Medium an vergleichbarer Stelle und Aufmachung veröffentlichen.