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In Deutschland kommt es zu Neuwahlen

Was hat das Ende der Regierungskoalition ausgelöst und wie geht es weiter? 

12.11.2024
Bundestag
© picture alliance / Flashpic | Jens Krick

Was bedeutet es, dass Bundeskanzler Olaf Scholz Finanzminister Christian Lindner am Abend des 6. November entlassen hat?

Damit ist die „Ampel-Koalition“ aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nach drei Jahren gescheitert. Die Regierungsparteien haben keine Einigung in einem Streit um den Haushalt und die Wirtschaftspolitik finden können. Scholz machte in einer Stellungnahme am Abend des 6. November deutlich, dass sein Vertrauen zu Christian Lindner, Finanzminister und Vorsitzender der FDP, gebrochen sei. Seine Entlassung sei notwendig gewesen, „um Schaden vom Land abzuwenden“, sagte Scholz.

Bis zu Bundestagswahlen am 23. Februar 2025 und der folgenden Wahl eines neuen Bundeskanzlers durch das neugewählte Parlament, regiert nun die Koalition aus SPD und Grünen unter Kanzler Scholz das Land. 

Worum genau ging es bei diesem Streit?

Es ging vor allem darum, dass Scholz einen größeren finanziellen Spielraum nutzen will, als die Haushaltslage eigentlich zulässt. Er hält dies auf Basis der im Grundgesetz genannten Möglichkeit eines „Überschreitungsbeschlusses“ für machbar, Lindner sieht dies nicht so. Er sagte, er sehe sich durch seinen Amtseid an die im Grundgesetz verankerte „Schuldenbremse“ gebunden. Scholz möchte mit dem Geld zum einen die Hilfe für die Ukraine ausweiten und zum anderen ein Paket zur Unterstützung der deutschen Wirtschaft schnüren. Es soll aus niedrigeren Energiepreisen und einer Investitionsprämie bestehen. Lindner warf Scholz vor, die Zusammenarbeit mit der FDP und ihm aufgekündigt und einen „kalkulierten Bruch“ der Koalition herbeigeführt zu haben. 

Was sagen die Koalitionspartner von den Grünen?

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock bedauerten in einem gemeinsamen Statement vor der Presse den Bruch der Koalition, der aus ihrer Sicht unnötig gewesen sei. Obwohl es Lösungsmöglichkeiten gegeben hätte, sei die FDP aber „nicht bereit“ gewesen, „diese Wege zu gehen“. Mit Blick auf Neuwahlen sagte Habeck: „Wir haben gesehen, was in den USA passiert, wenn Hass und Hetze, wenn Populismus und Spaltung den Wahlkampf und die politische Debatte vergiften. Deutschland kann es anders machen, und Deutschland wird es besser machen.“  

Wie geht es in Deutschland nun weiter?

Der Bundeskanzler stellt im Bundestag die „Vertrauensfrage“. Mit der Vertrauensfrage nach Artikel 68 des Grundgesetzes kann sich der Bundeskanzler vergewissern, ob seine Politik vom Bundestag unterstützt wird, ob er also noch die Zustimmung der Mehrheit der Abgeordneten hat. Stimmt die Mehrheit der Abgeordneten nicht zu, kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers innerhalb von 21 Tagen den Bundestag auflösen, dann werden Neuwahlen angesetzt.  

Wie arbeitet die Regierung weiter?

Der Bundeskanzler bleibt im Amt, als Minderheitsregierung setzen SPD und Grüne ihre Arbeit fort. Die von der FDP geleiteten Ministerien werden Politikerinnen und Politiker von SPD und Grünen übernehmen. Scholz kündigte an, dass er trotz des Bruchs der Koalition bis Ende des Jahres Gesetze zur Abstimmung stellen wolle, die er für richtungsweisend hält und die keinen Aufschub duldeten. Dazu gehört ein Paket von Sofortmaßnahmen für die Industrie. Für diese Vorhaben müssten dann aber Mehrheiten auch im Bundestag gefunden werden – ohne die Opposition wird das kaum machbar sein. 

Gab es in der deutschen Geschichte schon mal eine vergleichbare Situation?

Vorgezogene Neuwahlen gab es bereits dreimal in der Bundesrepublik Deutschland: 1972, 1983 und 2005. Bundeskanzler Willy Brandt von der SPD stellte 1972 die Vertrauensfrage. Hintergrund war die schwindende Zustimmung der Abgeordneten zu seiner Ostpolitik. Brandt verlor die Vertrauensfrage, was seine Absicht gewesen war. Bei den Neuwahlen wurde er als Kanzler wiedergewählt. 1982 gab es ein konstruktives Misstrauensvotum gegen dem amtierenden Bundeskanzler Helmut Schmidt von der SPD, unter anderem wegen Differenzen über seine Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. Die Mehrheit der Abgeordneten entzog Schmidt das Vertrauen, Helmut Kohl von der CDU wurde Kanzler. Um seine Kanzlerschaft stärker zu legitimieren, stellte Kohl umgehend die Vertrauensfrage. Bei den folgenden Neuwahlen wurde er zum Kanzler gewählt. 2005 stellte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die Vertrauensfrage und verlor die Abstimmung. Die Neuwahlen im gleichen Jahr gewann die CDU/CSU - der Beginn der 16 Regierungsjahre von Angela Merkel

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