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Die Demokratie vor hybriden Angriffen schützen

Deutschland hat die Gefahren von Informationsmanipulation, Cyberangriffen und Sabotageakten fest im Blick. Die Angriffe kommen vor allem aus dem Ausland. 

Wolf ZinnWolf Zinn, 20.02.2025
Hybride Angriffe auf Deutschland nehmen zu.
Hybride Angriffe auf Deutschland nehmen zu. © DC Studio/shutterstock

Die systematische Verbreitung von Informationsmanipulationen, überwiegend aus dem Ausland, ist eine zunehmende Gefahr für demokratische Gesellschaften – auch und gerade vor Ereignissen wie der Bundestagswahl am 23. Februar in Deutschland. Hinzu kommen gezielte Cyberangriffe und Sabotage. Sicherheitsbehörden warnen vor den hybriden Bedrohungen und ergreifen umfassende Maßnahmen zum Schutz der Demokratie. 

Gesellschaftliche Spaltung als Ziel

Ziel der Manipulationen ist es, das Vertrauen in demokratische Institutionen zu untergraben, gesellschaftliche Kontroversen zu vertiefen und die politische Meinungsbildung zu beeinflussen. Umstrittene Themen wie Migration, UkrainekriegEnergiepolitik oder die Covid-19-Pandemie werden gezielt genutzt, um Unsicherheit zu schüren und Konflikte innerhalb der Gesellschaft zu verschärfen.

Eine besonders perfide Methode ist die sogenannte „Doppelgänger“-Kampagne. Dabei werden vermeintliche Nachrichtenseiten erstellt, die renommierten deutschen Medien wie „Der Spiegel“ oder „Welt“ stark ähneln. Die Doppelgänger-Seiten streuen Fake News, um das Vertrauen in etablierte Medien zu erschüttern und politische Akteure zu diskreditieren. Verstärkt wird dieser Effekt durch gefälschte Nutzerkonten in den sozialen Medien. Anfang 2024 hatte das Auswärtige Amt rund 50.000 solcher Fake-Accounts auf X ausgemacht, die mehr als eine Million deutschsprachiger Posts absetzten. 

Gefälschte Nachrichtenportale

„Wir haben bereits über 100 solcher Pseudo-Nachrichtenseiten identifiziert, die vermutlich als ,Schläfer‘ aufgebaut wurden“, sagt Ralf Beste, Leiter der für die Analyse solcher Websites  zuständigen Abteilung Kultur und Gesellschaft im Auswärtigen Amt, in einem ARD-Interview. Die Seiten würden zu einem strategisch günstigen Zeitpunkt aktiviert, also etwa vor der Bundestagswahl, um gezielt Desinformation zu platzieren. 

Eines von vielen Beispielen aus der Vergangenheit ist die Falschmeldung, dass Deutschland plane, ukrainische Flüchtlinge verpflichtend in privaten Haushalten unterzubringen. Diese falsche Behauptung wurde über soziale Medien und Websites in Umlauf gebracht. Eine weitere manipulative Methode ist laut Ralf Beste der „Overload“. Dabei würden Behörden und Organisationen, die sich mit Informationsmanipulationen beschäftigen, mit Anfragen und Prüfaufträgen überhäuft. „Das sind Überlastungsangriffe, die gutmeinende Fakten-Checker überfordern sollen, damit sie nicht mehr arbeiten können“, erklärt Beste.

Manipulationsversuche vor Wahlen

Vor Wahlen hat Desinformation Hochkonjunktur. Hamburgs Verfassungsschutzchef Torsten Voß warnte im Hinblick auf die Bürgerschaftswahl in dem Stadtstaat am 2. März vor manipulierten Informationen und Techniken wie Deepfakes, also gefälschten, aber täuschend echten Videos und Audioaufnahmen: „Solche Fälschungen könnten gezielt eingesetzt werden, um Kandidaten zu diskreditieren und das Vertrauen der Wähler zu erschüttern.“ Derartige Methoden könnten die Integrität demokratischer Wahlen ernsthaft gefährden, so Voß. 

Der Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst bestätigen diese Bedrohung – insbesondere aus dem Ausland. Die Sicherheitsbehörden warnen darüber hinaus vor Cyberangriffen, einschlägiger Propaganda im Internet, Sabotageakten und gezielten Ausspähversuchen. Laut Bundeskriminalamt lag die Zahl der aus dem Ausland gesteuerten Cybercrime-Taten 2023 bei weit über 130.000 Fällen und wuchs um 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 

Bauschaum in Auspuffrohren

Fast schon skurril mutet ein Vorfall im Dezember 2024 an: In mehreren deutschen Bundesländern wurden Hunderte Autos beschädigt, indem ihre Auspuffrohre mit Bauschaum verstopft wurden. Daneben fanden sich Aufkleber mit der Aufschrift „Sei grüner!“ und einem Bild von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Dies sollte Ressentiments gegen die Grünen schüren.

Reaktionen und Gegenmaßnahmen

Als Zentralstelle der deutschen Polizei übernimmt das Bundeskriminalamt bei der Cybercrime-Bekämpfung koordinierende Aufgaben, stellt Informationen und Tools zur Verfügung und ist Knotenpunkt der internationalen Zusammenarbeit. Als behörden- und institutionenübergreifende Plattform dient zudem das Nationale Cyber-Abwehrzentrum (Cyber-AZ). Die Aufklärungsquote bei Cybercrime-Delikten lag 2023 bei 32,2 Prozent. Erst im Januar 2025 gelang es den deutschen Behörden in internationaler Zusammenarbeit, die zwei weltweit größten Cybercrime-Foren „nulled.to“ und „cracked.io“ abzuschalten. Die Abwehrfähigkeiten gegen Cyberangriffe sollen verstärkt und der Schutz kritischer Infrastrukturen ausgebaut werden. Die Bundesregierung arbeitet eng mit internationalen Partnern zusammen, um Informationen auszutauschen und gemeinsame Strategien zur Abwehr hybrider Bedrohungen zu entwickeln.

Bei der Gefahr durch Desinformation setzt die Bundesregierung vor allem auf Aufklärung der Öffentlichkeit. Das Bundesministerium des Innern bietet auf seiner Website konkrete Beispiele von Desinformation und erklärt, wie solche Falschmeldungen erkannt werden können.