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Umfragen – ein Blick in die Zukunft?

Wie entstehen Wahl-Umfragen? Und wie verlässlich sagen sie das tatsächliche Wahlverhalten der Menschen voraus? Das erklärt der Meinungsforscher Manfred Güllner. 

Klaus LüberKlaus Lüber , 15.01.2025
Meinungsforscher Manfred Güllner vom Forsa-Institut
Meinungsforscher Manfred Güllner vom Forsa-Institut © Forsa

Herr Güllner, die Bundestagswahl 2025 steht bevor. Die Meinungsforschung sagt das Wahlverhalten der Bevölkerung voraus. Wie verlässlich sind solche Einschätzungen?
Mithilfe von Umfragen kann immer nur die politische Stimmung zum Zeitpunkt der Befragung ermittelt werden. Doch die kann von den tatsächlichen Stimmen am Wahltag abweichen, weil sich manche Wahlberechtigte erst kurz vor dem Termin der Wahl entscheiden oder weil aktuelle Ereignisse das Meinungsbild noch im Laufe des Wahlkampfs beeinflussen. Kontinuierliche Erhebungen vor einer Wahl können aber verlässlich den Verlauf der Meinungsbildung oder die Bewertung des inhaltlichen und personellen Angebots der Parteien abbilden. 

Wie entstehen Umfragen konkret? Wie viele Menschen werden wie und wo befragt?
Um repräsentative Ergebnisse zu erhalten, müssen die Befragten sorgfältig so ausgewählt werden, dass in der Stichprobe alle Gruppen in der Stärke vertreten sind, wie es auch in der Grundgesamtheit insgesamt der Fall ist. Das betrifft alle Alters-, Bildungs- oder Berufsgruppen, alle Anhänger der einzelnen Parteien oder alle Regionen innerhalb des Befragungsgebiets. Um ein zuverlässiges Gesamtergebnis zu erhalten, genügen 1.000 oder manchmal noch weniger Befragte. Die Befragung selbst kann auf unterschiedliche Art erfolgen: mithilfe von persönlichen Interviews durch Interviewer in den ausgewählten Haushalten, durch telefonische Interviews, per Online-Fragebogen oder basierend auf einem Mix verschiedener Erhebungsmethoden. In der Wahlforschung hat sich bislang das telefonische Interview am besten bewährt. 

Soziale Medien spielen bei der politischen Meinungsbildung inzwischen eine wichtige Rolle. Wie werden diese berücksichtigt? 
Die Nutzungsintensität der sozialen Medien kann mithilfe von Umfragen ebenso wie die Nutzung der klassischen Medien ermittelt werden. Insofern kann auch der Einfluss sozialer Medien auf die Meinungsbildung der Bürgerinnen und Bürger genauso wie der der „klassischen“ Medien durch Umfragen ausgelotet werden. 

Haben veröffentlichte Umfragen Einfluss auf das Wahlverhalten? 
Entgegen manchen anderslautenden Unterstellungen beeinflussen veröffentlichte Umfrageergebnisse das Wahlverhalten nicht. Das zeigt zum Beispiel das Wahlverhalten in den USA, wo die Wähler in Kalifornien selbst vom schon vorliegenden Ergebnis der Wahl in Florida, also weit mehr als einem bloßen Umfrageergebnis, noch nie nachweislich beeinflusst worden sind. 

Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um Desinformation in der Meinungsforschung entgegenzuwirken? 
Wichtig ist sicherzustellen, dass tatsächlich – gleich welche Befragungsmethode verwendet wird – echte Menschen befragt werden. Bei Forsa ist das auch für Online-Erhebungen sichergestellt. Über 150.000 Personen sind bei „omninet“ registriert, um wiederholt an Online-Studien teilzunehmen. Zu diesem sogenannten „Online-Panel“ können sie sich aber nicht selbst anmelden, sondern werden im Rahmen kontinuierlicher telefonischer Interviews rekrutiert. 

 

Manfred Güllner ist Gründer und Geschäftsführer des Forsa-Instituts und zählt zu den bekanntesten deutschen Meinungsforschern.