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„Wer wählt, gestaltet unsere Demokratie aktiv mit“

Ruth Brand ist für die Vorbereitung und Durchführung der Bundestagswahlen verantwortlich. Ein Gespräch mit der Bundeswahlleiterin. 

Wolf ZinnInterview: Wolf Zinn , 15.01.2025
Bundeswahlleiterin Ruth Brand
Bundeswahlleiterin Ruth Brand © Die Bundeswahlleiterin

Rechnen Sie bei der Bundestagswahl 2025 mit Manipulationsversuchen, also zum Beispiel Desinformationskampagnen oder Cyberangriffen? 
Wir versuchen, Falschinformationen auf verschiedenen Kanälen und insbesondere auch auf Social Media proaktiv transparente und korrekte Informationen über das Wahlverfahren entgegenzusetzen. Cyberangriffe sind ebenfalls ein wichtiges Thema. Bei den IT-Systemen, die in der Wahlnacht für die Ermittlung der vorläufigen Wahlergebnisse eingesetzt werden, treffen wir umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen. Das System wird vor jeder bundesweiten Wahl unter Beteiligung der Landeswahlleitungen getestet. Das endgültige Wahlergebnis wird ohnehin anhand der Wahlniederschriften ermittelt. Es kann daher nicht durch Cyberangriffe manipuliert werden.  

Wie gewährleisten Sie den sicheren und rechtmäßigen Ablauf der Wahl?
Grundlegend für das Vertrauen in die Wahlorganisation und die Akzeptanz des Wahlergebnisses sind die Neutralität der Wahlorgane und der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl. Die Wahlvorstände und Wahlausschüsse verhandeln und beraten in öffentlichen Sitzungen, über die Niederschriften erstellt werden. Damit unterliegt ihre Tätigkeit öffentlicher Kontrolle. Die Wahlvorstände sind pluralistisch besetzt und bestehen aus mehreren Mitgliedern, die sich gegenseitig kontrollieren. Die Mitglieder sind zur unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Stimmabgabe erfolgt auf Stimmzetteln, die jederzeit nachgezählt werden können. Außerdem gibt es die Möglichkeit des Wahlprüfungsverfahrens beim Deutschen Bundestag und beim Bundesverfassungsgericht.  

Gibt es Änderungen der Regeln und Verfahren? 
Das Zweitstimmendeckungsverfahren des neuen Wahlrechts verhindert eine Vergrößerung des Bundestages durch die Abschaffung von Überhang- und Ausgleichsmandaten. Die Zweitstimmendeckung bedeutet, dass eine Partei in einem Bundesland nur so viele Sitze bekommt, wie ihr nach den erhaltenen Zweitstimmen zustehen. Es kann damit auch Wahlkreise geben, in denen der Bewerber oder die Bewerberin mit den meisten Erststimmen nicht in den Bundestag einzieht.  

Welche Maßnahmen werden getroffen, um die Sicherheit der Briefwahl zu gewährleisten? 
Eine Manipulation des Wahlergebnisses wird durch die Vorkehrungen des Gesetzgebers ausgeschlossen. Die Briefwähler müssen auf dem Wahlschein eine Versicherung an Eides statt abgeben, dass sie den Stimmzettel persönlich ausgefüllt haben. Die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt ist strafbar. Wer für jemand anderen den Stimmzettel unbefugt ausfüllt, macht sich ebenfalls strafbar. Werden Briefwahlunterlagen an eine andere als die Wohnanschrift versandt, so schickt die Gemeinde gleichzeitig eine Kontrollmitteilung an die Wohnanschrift. Briefwahlunterlagen dürfen nur dann persönlich an eine andere Person als den Wahlberechtigten ausgehändigt werden, wenn diese eine schriftliche Vollmacht vorlegt.   

Gibt es bei dieser kurzfristig angesetzten Wahl besondere Herausforderungen? 
Den Wahlberechtigten, die sich an der Bundestagswahl per Briefwahl beteiligen wollen, steht deutlich weniger Zeit für die Kennzeichnung des Stimmzettels und dessen Rücksendung zur Verfügung als bei einer Bundestagswahl zum regulären Ende einer Legislaturperiode. Wenn man den Erhalt der Briefwahlunterlagen per Post nicht abwarten möchte, kann man im Antrag auf Erteilung eines Wahlscheins auch angeben, dass man die Briefwahlunterlagen beim Wahlamt abholt. Vor Ort kann man direkt seine Wahlentscheidung treffen, den Stimmzettel entsprechend kennzeichnen und den Wahlbrief abgeben. So werden gleich zwei Postwege eingespart.  

Was tun Sie, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen?
Als Bundeswahlleiterin werbe ich stets für eine möglichst hohe Wahlteilnahme. Wer wählen geht, gestaltet unsere Demokratie aktiv mit. Daher sind wir beispielsweise auf lnstagram und TikTok präsent, um möglichst viele junge Menschen zu erreichen, sie transparent über die Wahl zu informieren und sie zu motivieren, wählen zu gehen. Außerdem gibt es Maßnahmen, um Menschen mit Beeinträchtigung die Teilnahme an der Wahl zu erleichtern. So sind die Stimmzettel in der rechten oberen Ecke gelocht oder abgeschnitten, damit blinde und sehbehinderte Menschen ihre Stimmzettelschablone richtig anlegen können.  

Die Bundeswahlleiterin

Dr. Ruth Brand, 1967 in Lemgo geboren, ist promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin. Seit 2023 ist sie Präsidentin des Statistischen Bundesamtes und Bundeswahlleiterin.