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Logistik made in Germany

Warenströme effizient zu steuern, ist kein Kinderspiel. Deutsche Logistikunternehmen sind weltweit hoch angesehen – und entwickeln sich ständig weiter. 

Axel Novak, 08.04.2025
Deutsche Logistikunternehmen sind weltweit angesehen.
Deutsche Logistikunternehmen sind weltweit angesehen. © Shutterstock

Logistik der Zukunft made in Germany? Die gibt es zum Beispiel in Öhringen bei Heilbronn. Wer einen Blick in die Halle wirft, die der Mittelständler Dachser für die Industrie- und Konsumgüterlogistik gebaut hat, sieht temporeiches Gewusel: Flurförderzeuge, also Gabelstapler, Hubwagen und Zugmaschinen, sausen durch die Halle und befördern pausenlos Packstücke von den Laderampen ins Lager und umgekehrt. Was der Betrachter nicht sieht, ist die Künstliche Intelligenz (KI), die das Ganze steuert: Hunderte von Kameras an der Hallendecke erfassen Pakete, Fahrzeuge und Abläufe automatisch.   

So entsteht ein digitaler Zwilling des Lagers, der in Echtzeit genau anzeigt, wo sich welche Packstücke und Fahrzeuge gerade befinden. Der bisher notwendige Scan der Barcodes per Hand entfällt. Die Mitarbeitenden bekommen auf Displays direkt angezeigt, wo sie die entladene Ware abstellen müssen. Diese Live-Transparenz beschleunigt zum Beispiel die Entladung von Lastwagen um ein Drittel und nutzt den Platz im Lager besser aus. Das Team kann sich auf das Entladen und Zusammenstellen von Sendungen konzentrieren, statt Packstücke in den oft Fußballfeld-großen Umschlaglagern zu suchen.  

Nicht zuletzt hilft die KI, Anhänger und Nahverkehrsfahrzeuge besser zu bepacken und auszulasten. @ILO (Advanced Indoor Localization and Operations) heißt das Verfahren, das Dachser gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML entwickelt hat. Das Projekt vereint alle wesentlichen Aspekte, die Hightech-Logistik hierzulande ausmachen: digitale Technik, automatisierte Prozesse und Kooperationen mit Forschungseinrichtungen.  

Einer der größten Wirtschaftszweige Deutschlands 

Deutschland ist vollständig ins Netz der globalen Handelswege integriert und auf eine hocheffiziente Logistik angewiesen: 4,3 Milliarden Tonnen Güter wurden 2023 bewegt, das meiste davon per Lastwagen. Auf die ökologischere Bahn entfiel nicht einmal ein Fünftel der Transportleistung, nochmals weniger als die Hälfte davon auf die Binnenschifffahrt. Teure oder eilige Waren erreichen oft per Flugzeug ihre Ziele, Öl und Gas per Pipeline. Hinzu kommt der maritime Transport: Über die Häfen in Hamburg, Bremerhaven oder Wilhelmshaven transportieren Frachtschiffe riesige Mengen an Containern auf den weltweiten Seehandelsrouten. Der Hamburger Hafen gilt als wichtiges internationales Drehkreuz, vor allem für den Handel mit Asien und Nordamerika. 

Die Logistikbranche ist komplex und umfangreich, sie zählt zu Deutschlands größten Wirtschaftszweigen. 327 Milliarden Euro setzte die Branche 2023 in Deutschland um, fast dreieinhalb Millionen Menschen sind in der Logistik beschäftigt. Große Namen wie Deutsche Post DHL, DB Schenker, Dachser und Hermes sind weltweit führend. Insgesamt dominiert jedoch der Mittelstand die Branche: Fast die Hälfte der 70.000 in Deutschland tätigen Speditions- und Logistikunternehmen beschäftigt höchstens 50 Mitarbeitende.  

Logistik – eine innovative Branche

Professor Christian Kille
Professor Christian Kille © Dierk Kruse

Im harten globalen Wettbewerb haben sich die deutschen Unternehmen einen hervorragenden Ruf erarbeitet. „Logistiker aus Deutschland genießen weltweit hohes Ansehen“, bestätigt Professor Christian Kille von der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Dafür gibt es gute Gründe: „Sie beherrschen die Prozesse und sind sehr innovativ“, so der Wissenschaftler. 

Trotz der Krisen der vergangenen Jahre haben es viele Unternehmen geschafft, sich von der reinen Transportplanung und -durchführung weiterzuentwickeln. Sie erbringen für ihre Kunden viele Dienstleistungen, die mit der klassischen Logistik nichts mehr zu tun haben. Sie montieren zum Beispiel für die Automobilindustrie oder sortieren Retouren für Elektronik- oder Modeunternehmen. Darüber hinaus bieten sie Lösungen, Dienstleistungen und Software als „logistics as a service” an: Cloud-Plattformen, Online-Marktplätze und digitale Frachtbörsen bringen Industrie und Handel schnell und unkompliziert mit Logistikern und Spediteuren zusammen. Auch rein digitale, plattform- und datenbasierte Speditionen gehören zu der heterogenen Branche. Die 2015 gegründete „digitale Spedition“ Sennder etwa macht mehr als eine Milliarde Euro Umsatz.  

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Roboter in die Produktion! 

Aufgrund des hohen globalen Wettbewerbsdrucks haben auch deutsche Industrie- und Handelsunternehmen die Kosten in der Logistik weiter gesenkt. Gleichzeitig ist es ihnen gelungen, ihre Produktivität durch Automatisierung und Digitalisierung der Logistik zu steigern, stellte im März 2025 das Gremium der Logistikweisen fest, eine Expertenrunde, die die Branche regelmäßig begutachtet.  

In der industriellen Produktion verbinden Transportroboter Warenlager mit Fertigungsstraßen. Besonders weit ist die Automobilindustrie: Neue technische Standards sorgen dafür, dass ganze Flotten von mobilen Robotern vieler verschiedener Hersteller von einer Software gesteuert werden. Auch im Handel sind viele Prozesse automatisiert. In den gigantischen Verteilungszentren der E-Commerce-Händler machen tausende Roboter viele Millionen Sendungen versandfertig, dabei unterstützen hochmoderne Sortieranlagen.  

Zunehmend kommen in der Logistik auch menschenähnliche Roboter zum Einsatz, die aus Science-Fiction-Filmen stammen könnten: Der EvoBot des Dortmunder Fraunhofer IML zum Beispiel kann schieben, ziehen und tragen – und bewegt sich auf zwei (Räder-)Beinen.  

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Leidenschaft für Lösungen 

Doch auch bei zunehmender Automatisierung bleibt die Logistik ein Geschäft mit hohem menschlichem Einsatz. Insider sagen, genau das mache die Branche so spannend: viele verschiedene Tätigkeitsfelder – immer mit Blick auf globale, nationale oder lokale Trends. 

Denn ob geopolitische Krisen, Klimawandel oder technologischer Fortschritt: Lieferketten müssen immer wieder neu justiert werden. Wenn Schiffe im Suez-Kanal stecken bleiben, Rohstoffe wegen eines Konflikts nicht mehr verfügbar sind oder die Nachfrage plötzlich steigt, dann sind zuerst und besonders die Logistiker gefragt.