Wahlkampf in Deutschland: Was wollen die Parteien?
Vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025: ein Blick auf die Schwerpunkte und Unterschiede der jetzt im Bundestag vertretenen Parteien.
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Vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 befinden sich die politischen Parteien in Deutschland mitten im Wahlkampf und werben mit ihren Programmen um die Gunst der Wählerinnen und Wähler. Wir stellen die wichtigsten Positionen – nach Themen geordnet – kurz vor.
Wirtschaft und Konjunktur
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ist für einen sogenannten Deutschlandfonds, aus dem Strom- und Wärmenetze, Ladesäulen und Wohnungen gefördert werden sollen. Das Konzept eines kreditfinanzierten Fonds, der über die sogenannte Schuldenbremse (siehe unten) hinausgehen könnte, vertritt auch Bündnis 90/Die Grünen – etwa fürs Schienennetz, für Kindertagesstätten oder auch als Innovationsanreiz. Die Linke will laut Programm 20 Milliarden Euro im Jahr in gemeinnützigen Wohnraum investieren.
„Leistung muss sich wieder lohnen“, heißt es bei der Christlich Demokratischen Union Deutschlands/Christlich-Sozialen Union (CDU/CSU). Die Union setzt auf flexiblere Regeln, Vereinfachungen und weniger Bürokratie. Auch alle anderen Parteien betrachten den Bürokratieabbau als vorrangiges Ziel. Die Freie Demokratische Partei Deutschlands (FDP) verlangt „tiefgreifende und strukturelle Reformen“ für eine „echte Wirtschaftswende“. Dazu zählt sie das Senken der Unternehmenssteuern unter 25 Prozent.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) möchte den CO2-Preis und Subventionen für erneuerbare Energien streichen und mehr fossile Energie importieren.
Steuern und Schuldenbremse
Finanzielle Entlastungen versprechen alle politischen Kräfte. Die SPD will das für 95 Prozent aller Steuerzahler – unter anderem durch Anhebung der Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz von derzeit 68.480 auf 93.000 Euro. CDU und CSU wollen den Einkommensteuertarif senken. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll erst bei höheren Einkommen greifen. Die Grünen wollen eine Erhöhung des Grundfreibetrags, bis zu dem keine Einkommensteuer anfällt. Die FDP nennt dafür die konkrete Zahl von mindestens 1.000 Euro.
Die Alternative für Deutschland (AfD) ist für geringere Steuern beim Einkommen und höhere Steuerbefreiungen auf Kapitaleinkünfte. Zudem will sie eine Abschaffung der CO2-Abgabe, der Grundsteuer und der Erbschaftssteuer.
Die SPD stellt eine niedrigere Mehrwertsteuer für Lebensmittel in Aussicht, die Linke will sie für Grundnahrungsmittel sogar auf null senken. SPD, Grüne, Linke und BSW wollen Menschen mit großen Vermögen stärker besteuern.
An der „Schuldenbremse“, also der im Grundgesetz verankerten Begrenzung der jährlichen Neuverschuldung auf maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandprodukts, möchten Union und FDP festhalten. Die SPD will Ausnahmen für Investitionen einführen, die Grünen solche ermöglichen, das BSW ebenfalls. Die Linke will die Bremse kippen.
Mindestlohn und Bürgergeld
Derzeit beträgt der Mindestlohn in Deutschland 12,82 Euro pro Stunde. SPD, Grüne, BSW und Linke wollen ihn auf 15 Euro erhöhen. CDU/CSU bevorzugen steuerfreie Überstundenzuschläge. Das „Bürgergeld“, das Arbeitslosen das Existenzminimum sichern und sie bei der Integration in den Arbeitsmarkt unterstützen soll, will die Union unter diesem Namen abschaffen und durch eine „Neue Grundsicherung“ ersetzen, mit einem Schwerpunkt auf Vermittlung in Jobs. Wer nicht bereit zur Arbeit sei, solle keine Grundsicherung erhalten.
Die Linke will das Bürgergeld dagegen zu einer „sanktionsfreien Mindestsicherung“ in Höhe von 1.400 Euro monatlich für Alleinstehende machen.
Rente
In Deutschland wird die Rente durch Beiträge der abhängig Beschäftigten in die gesetzliche Rentenversicherung und durch staatliche Zuschüsse finanziert. SPD und Grüne wollen das Rentenniveau bei 48 Prozent des Durchschnittseinkommens eines Arbeitnehmers erhalten. Die Grünen schlagen einen Bürgerfonds aus Darlehen und Eigenmitteln des Bundes vor – zur Investition in nachhaltige Projekte. Die daraus erzielten Erträge sollen zur Stärkung der Renten genutzt werden. Die Union setzt auf ein stabiles Rentenniveau durch Wirtschaftswachstum.
Linke und BSW verlangen bessere Leistungen der gesetzlichen Rente, auch um den Preis höherer Beiträge. Sie wollen alle einzahlen lassen, also auch Beamte, Selbständige, Abgeordnete oder Minister.
Die Linke will das Rentenalter von 67 auf 65 Jahre senken – SPD, Grüne und Union wollen das nicht antasten. Einen „wirklich flexiblen Renteneintritt“ verlangt die FDP. Außerdem hat sie erneut ihre Forderungen nach einer „individuelle Aktienrente“ und nach einem „Altersvorsorgedepot für die private Altersvorsorge“ in ihr Programm geschrieben.
Migration
Die Union will umgehend einen faktischen Aufnahmestopp für unberechtigt einreisende Migranten. Wer aus einem EU- oder Schengen-Staat für einen Asylantrag einreist, soll an der Grenze abgewiesen werden. Das BSW und die AfD verfolgen eine ähnliche Linie.
Die SPD bevorzugt die freiwillige Rückkehr von Migranten ohne Bleiberecht. Sollten diese sich weigern, setzen die Sozialdemokraten auf rasche Abschiebungen, insbesondere von Straftätern. Die Grünen plädieren für eine „faire, verbindliche und solidarische Verteilung von Schutzsuchenden in Europa“. Die FDP möchte eine „geordnete Migration“, die Linke keine Beschränkungen beim Asyl.
Ukraine/Russland
Die SPD will Waffenlieferungen an die Ukraine „mit Besonnenheit und Augenmaß“ und „so lange wie nötig“ fortsetzen. Sie ist aber gegen die Lieferung der von der Ukraine erbetenen Taurus-Marschflugkörper. Die Union hat diese dagegen unter bestimmten Bedingungen in Aussicht gestellt.
Im FDP-Programm heißt es, die Ukraine müsse sich gegen Abschussbasen und Nachschublinien auf russischer Seite mit weitreichenden Waffen inklusive Taurus verteidigen können.
Das BSW und die AfD fordern ein Ende der militärischen Unterstützung für die Ukraine und der Wirtschaftssanktionen gegen Russland sowie die Rückkehr zu russischen Gasimporten.
Bundeswehr und Verteidigung
Die Union ist für eine Rückkehr zur im Jahr 2011 ausgesetzten Wehrpflicht, die SPD bevorzugt einen „neuen, flexiblen Wehrdienst“. Die Grünen wollen den freiwilligen Wehrdienst und die Reserve für eine breite Zielgruppe attraktiver machen. Die FDP will „die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Streitkraft in Europa“ ausbauen.
BSW, AfD und Linke lehnen die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland ab.