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Anne Frank und ihr Tagebuch: Geschrieben für die Ewigkeit

Anne Frank starb im Alter von 15 Jahren in einem KZ. Ihr Tagebuch ist eines der wichtigsten Zeugnisse über die Gräuel des Nationalsozialismus.

Anja LeuschnerAnja Leuschner, 16.01.2025
Ihr Tagebuch wurde nach Anne Franks Tod weltberühmt.
Ihr Tagebuch wurde nach Anne Franks Tod weltberühmt. © picture alliance

„Ich werde, hoffe ich, dir alles anvertrauen können, wie ich es noch bei niemandem gekonnt habe, und ich hoffe, du wirst mir eine große Stütze sein.“ Es ist der erste Eintrag in ein kleines, rotkariertes Tagebuch, verfasst am 12. Juni 1942; dem 13. Geburtstag von Anne Frank. Ebendieses Tagebuch wird später zu einem Stück Weltliteratur werden. Es erzählt die Geschichte der während des Holocaust in einem deutschen Konzentrationslager gestorbenen Anne Frank. 

Anne Franks Kindheit in Frankfurt und Amsterdam

Anne Frank wird am 12. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren. Da die jüdische Familie im aufkommenden Nationalsozialismus und wegen ökonomischer Schwierigkeiten bald keine Zukunft mehr in Deutschland sieht, lebt Anne ab Februar 1934 in Amsterdam. Dort erleben sie und ihre drei Jahre ältere Schwester Margot zunächst eine normale Kindheit. Zu ihrem 13. Geburtstag bekommt Anne Frank von ihren Eltern ein Tagebuch geschenkt, in das sie von nun an regelmäßig – auf Niederländisch – Briefe an Kitty, eine imaginäre Freundin, schreibt. In ihren Einträgen schildert sie ihren Alltag, schreibt über Freunde und Familie. Doch ebenso wie Annes Leben werden auch die Einträge in ihr Tagebuch schon bald ernster.

Anne Franks Tagebuch. Die Fotografie zeigt eine Replik.
Anne Franks Tagebuch. Die Fotografie zeigt eine Replik. © picture-alliance

Das Versteck im Hinterhaus

Als Margot Frank am 5. Juli 1942 einen Aufruf zum „Arbeitsdienst nach Deutschland“ erhält, der nichts anderes bedeutet als die Deportation in ein Konzentrationslager, reagieren Anne Franks Eltern umgehend: Bereits am nächsten Tag taucht die Familie in einem Versteck im Hinterhaus von Vater Otto Franks Firma unter. Seit Monaten hatten sie den Unterschlupf vorsichtig vorbereitet. Anne hält ihre imaginäre Freundin Kitty über alle Ereignisse in ihrem neuen Zuhause auf dem Laufenden: Sie schreibt von familiären Streitereien, den schönen wie weniger schönen Momenten mit den vier Mitbewohnern, die sich das Versteck an der Prinsengracht 263 mit Familie Frank teilen: dem Ehepaar Auguste und Hermann von Pels, ihrem Sohn Peter und Zahnarzt Fritz Pfeffer. 

Annes Alltag im Hinterhaus

Anne schreibt auch von der allgegenwärtigen Angst entdeckt zu werden und den Einschränkungen, die das Leben in ihrem Versteck mit sich bringt. So müssen die Bewohner tagsüber absolut leise sein, um nicht von den Arbeitern in der Firma gehört zu werden. Auch der Toilettengang ist erst nach deren Dienstende möglich. Am 28. September 1942 schreibt Anne Frank: „Es beklemmt mich doch mehr, als ich sagen kann, dass wir niemals hinaus dürfen, und ich habe große Angst, dass wir entdeckt und dann erschossen werden. Das ist natürlich eine weniger angenehme Aussicht.“

Hinter einem Bücherregal lag der Zugang zum Versteck
Hinter einem Bücherregal lag der Zugang zum Versteck © Anne Frank House / Photographer: Cris Toala Olivares

Die Verhaftung Anne Franks und ihrer Familie

Etwas mehr als zwei Jahre, bis zum 4. August 1944, leben die acht Untergetauchten in ihrem Versteck. Mehrfach fürchten sie entdeckt zu werden. Am 4. August werden sie alle und zwei ihrer Helfer, die sie über die Jahre unter anderem mit Nahrungsmitteln und Medikamenten versorgt hatten, verhaftet. Der letzte Eintrag in Anne Franks Tagebuch bleibt der des 1. August 1944. Ob Anne Frank, ihre Familie, Familie van Pels und Fritz Pfeffer verraten, oder der Zugang zum Versteck hinter einem Bücherregal durch Zufall entdeckt wurden, ist bis heute ungeklärt. 

Für die meisten von ihnen hat die Verhaftung tödliche Folgen: Nur Anne Franks Vater Otto Frank überlebt und wird am 27. Januar 1945 von der Sowjet-Armee aus dem Konzentrationslager Auschwitz befreit. Er wusste bereits vom Tod seiner Frau, doch von dem Tod seiner beiden Töchter erfährt er erst später. Margot und Anne Frank waren im KZ Bergen-Belsen einer Typhus-Epidemie zum Opfer gefallen. Ihre Todestage sind nicht bekannt, vermutlich sind sie Ende Februar oder Anfang März 1945 gestorben – kurz vor der Kapitulation Nazi-Deutschlands.

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Veröffentlichung des Tagebuchs 

Eine Helferin der Untergetauchten hatte nach deren Verhaftung das Tagebuch Anne Franks aufbewahrt. Sie übergibt es Otto Frank, der es veröffentlicht. Es sollte eine Erinnerung, ein Zeugnis dessen sein, was nicht nur seinen Töchtern Anne und Margot, sondern anderthalb Millionen jüdischer Kinder während des Holocaust angetan wurde. 1947 erscheinen Auszüge des Tagebuchs unter dem Titel „Het Achterhuis“, also „Das Hinterhaus“ in den Niederlanden, 1950 erscheint schließlich eine deutsche Ausgabe. 1991 wird eine weltweit verbindliche Ausgabe publiziert, die alle Teile von Anne Franks Tagebuch beinhaltet. 

Anne Frank dachte selbst über eine Veröffentlichung ihres Tagebuchs nach: Anfang 1944 übertrug der Exil-Sender Oranje eine Rede des Ministers Gerrit Bolkestein, in der er sagte, nach dem Krieg sollten die Zeugnisse des Leids unter der deutschen Besatzung gesammelt werden. Anne Frank äußerte in ihrem Tagebuch selbst den Gedanken, einmal Schriftstellerin oder Journalistin werden zu wollen und fing an, es für eine mögliche Veröffentlichung zu überarbeiten. Sie wollte ihre Texte später als Roman mit dem Titel „Het Achterhuis“ veröffentlichen.

Anne Franks Tagebuch – Zeitzeugnis mit Wirkung bis heute

Heute ist Anne Franks Tagebuch in mehr als 70 Sprachen übersetzt und eines der meistgelesenen Bücher weltweit, schon wenige Jahre nach seiner Publikation wurde am Broadway ein darauf basierendes Theaterstück aufgeführt, das international auf Tournee ging und schließlich verfilmt wurde.  Bereits 1957 wurde das Anne Frank Haus gegründet, damit wurde das ehemalige Versteck in Amsterdam zum Museum. Etwa eine Million Menschen besuchen es jedes Jahr. Weltweit entstanden Gedenkorte, die dem 15-jährigen Mädchen gewidmet wurden. Aus Anne Frank wurde eine Symbolfigur für die vielen Millionen Opfer des Nationalsozialismus; und ihr Tagebuch zu einem der bekanntesten Zeugnisse des Holocaust.

Eines der letzten Fotos von Anne Frank, aufgenommen 1942)
Eines der letzten Fotos von Anne Frank, aufgenommen 1942 © Anne Frank House