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Wenn das Internet zur Falle wird

Das Internet bietet uns zahllose Möglichkeiten. Doch exzessiver Konsum kann mit schweren psychischen Belastungen einhergehen. 

Wolf ZinnWolf Zinn , 12.12.2024
Zeit online zu verbringen, gehört für viele Menschen zum Alltag.
Zeit online zu verbringen, gehört für viele Menschen zum Alltag. © Minerva Studio/Shutterstock

Das virtuelle Glück hat viele Gesichter: Der fulminante Sieg in einem Computerspiel, ein beliebter Post oder ein gelungenes Online-Shopping-Schnäppchen. Doch schnell wächst die Lust auf mehr, mehr Adrenalin, mehr Resonanz, noch größere Schnäppchen. So können viele Stunden oder sogar Tage und Nächte verstreichen. Internetsucht entsteht meist schleichend, bis sie nicht mehr kontrollierbar ist – mit teils gravierenden Folgen für die psychische Gesundheit der Betroffenen.  

Achterbahn der Gefühle kann zu Suchtverhalten führen 

Studien zufolge leiden weltweit rund sieben Prozent der Menschen an einer gestörten Internetnutzung und bis zu drei Prozent der Jugendlichen an einer von der WHO als Krankheit anerkannten Spielstörung – mit vergleichbaren Zahlen in Deutschland. „Problematische Internetnutzung kann Funktionsbeeinträchtigungen und psychische Belastungen im Alltag verursachen, die der Wirkung von Substanzabhängigkeiten wie der Alkoholsucht ähneln“, sagt Professor Matthias Brand, Leiter des Fachgebiets „Allgemeine Psychologie: Kognition“ an der Universität Duisburg-Essen. Dazu zählen etwa Depressionssymptome, soziale Ängste und Aufmerksamkeitsstörungen. Brand erforscht auch die neuronalen Prozesse während der Internetnutzung.  

Professor Matthias Brand, international anerkannter Suchtforscher.
Professor Matthias Brand, international anerkannter Suchtforscher. © Frank Preuß

Zwanghafter Konsum – der erste Schritt in die Sucht 

„Bei Menschen mit Internetsucht sehen wir ein Ungleichgewicht zwischen dem Belohnungssystem und den Kontrollmechanismen des Gehirns“, erklärt Brand. Ähnlich wie bei Substanzabhängigkeiten ist das Belohnungssystem überaktiv, während die Fähigkeit zur Impulskontrolle geschwächt ist. Diese Veränderungen können dazu führen, dass Betroffene zwanghaft weiter konsumieren, sogar obwohl sie die negativen Folgen erkennen. 

„Kein Grund zur Panik“ – nicht jede Leidenschaft ist eine Sucht 

Studiendaten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigen, dass die durchschnittliche wöchentliche Nutzung digitaler Medien in Deutschland steigt, bei jungen Männern zwischen 18 und 25 Jahren binnen vier Jahren um vier Stunden auf 29 Stunden 2023.

Doch nicht jeder, der viel Zeit online verbringt, entwickelt eine Sucht. Brand betont, dass „kein Grund zur Panik“ bestehe: „Die allermeisten Menschen nutzen das Internet in verträglichem Maße.“ Zudem würden persönliche Faktoren wie genetische Veranlagung, geringe Selbstkontrolle und frühkindliche Erfahrungen das Risiko beeinflussen. Auch externe Faktoren wie beruflicher Stress, fehlende soziale Unterstützung oder familiäre Probleme spielten eine Rolle. 

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Hilfe ist möglich – Internetsucht ist behandelbar 

Die gute Nachricht: Internetsucht ist behandelbar durch Psychotherapeutische Ansätze, die die Selbstkontrolle stärken und alternative Strategien zur Emotionsregulation fördern. Und Präventionsprogramme in Schulen können helfen, den bewussten Umgang mit digitalen Medien frühzeitig zu fördern – zum Schutz gefährdeter Kinder und Jugendlicher.