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Kafka: Der Meister des Absurden geht viral

Kim BergKim Berg, 03.03.2025
Kafka

2024 war das große Kafka-Jahr: 100 Jahre nach seinem Tod wurde der deutschsprachige Prager Schriftsteller weltweit gefeiert, seine Bücher in neuen Ausgaben veröffentlicht, Ausstellungen eröffnet, Lesemarathons gehalten. Man könnte denken, nach so einem Jubiläum ebbt der Hype wieder ab – vor allem weil Kafkas Werke alles andere als leichte Kost sind. Doch Kafka bleibt. Mehr noch: Für manche ist er sogar eine Art Guru. Seine Zitate tauchen übersetzt in diverse Sprachen auf Instagram als melancholische Ästhetik-Posts auf, Tiktok-User interpretieren „Die Verwandlung“ in 30-Sekunden-Clips, und auf X beklagen sich Studierende weltweit darüber, dass ihr Alltag verdächtig einem Kafka-Roman gleiche.

Denn je chaotischer die Welt wird, desto realistischer erscheinen uns Kafkas Erzählungen: Da ist zum Beispiel die Bürokratie, die an den einfachsten Dingen scheitert – wer versucht, seinen Internetanbieter über den KI-Kundenservice zu erreichen oder seinen Reisepass neu zu beantragen, der weiß, wie es sich anfühlen könnte, eine Nebenfigur in „Der Prozess“ zu sein. Junge Menschen scheinen sich Kafkas Geschichten so verbunden zu fühlen wie nie zuvor. Und dann ist da natürlich noch „Die Verwandlung“: die perfekte Metapher für den pubertären Horror, eines Morgens als Ungeziefer aufzuwachen – oder schlimmer noch als jemand, der peinliche Eltern hat.

Ob Kafka selbst diesen Kult um seine Person gefeiert hätte? Wahrscheinlich nicht. Er wollte, dass all seine Werke nach seinem Tod verbrannt werden. Stattdessen geistern seine Zitate nun durch Tiktok-Videos oder landen als Tattoo auf dem Unterarm spätpubertärer Influencer. Er ist der neue alte Held der Generation Z. Denn je mehr die Welt sich anfühlt wie ein kafkaesker Albtraum, wird Kafka uns helfen, sie zu verstehen.

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